12.3.13

Volksverdummung, Pornoverbot und sonderbare Heilige - der hartgekochte Wochenrückblick

»Der hartgekochte Tagesrückblick« - so nennt sich auf »eigentümlich frei« eine Rubrik. Zu täglichen Rückblicken fehlen mir Zeit und Nerven, aber wie geplant bis nach Ostern zu warten schaffe ich auch nicht, denn »wes das Herz voll ist, des fließt der Mund über« - oder er müßte platzen. Vielleicht hab ich in 20 Jahren die zynische Gelassenheit, den Unsinn des Weltgeschehens unkommentiert so stehenzulassen - im Moment noch nicht.

 Volksverdummung I: Aus 20 mach 20.000 - oder so ähnlich

»Fukushima« ist jetzt ein Jahr her. Das Erdbeben kostete wenig Menschenleben, der folgende Tsunami ertränkte 16.000 oder noch mehr Menschen, und das darauffolgende Atomunglück hatte meines Wissens bisher noch gar keine oder ganz wenige Tote zur Folge - was machen unsere »Qualitätsmedien« daraus?: »Katastrophe forderte 20.000 Tote« - und erwecken so ganz flugs den Eindruck, all diese 20.000 Toten seien Atomtote. Beispiele dafür: Hier und hier. Schön finde ich vor allem diese Passage: »In der glorreichen Sowjetunion gab es den Spruch ›В Правде нет известий, а в Известиях нет правды‹ — in der Prawda (=Wahrheit) keine Nachrichten (=Iswestija), und in der Iswestija keine Wahrheit.« Mittlerweise genügt es sogar schon, eine nüchterne, vorurteilslose Pro-und-Contra-Diskussion über Atomkraft zu fordern, um als Faschist verdammt zu werden Ähnlich bei der Gentechnik: Kaum ist Rotgrün in Niedersachsen mit winziger Mehrheit an die Regierung gekommen, wird ein Schulprojekt zur grünen Gentechnik abgeblasen, die gilt von nun an als indiskutables Teufelszeug.

Bischof Ralph im Vatikan!

Allen Besuchern der SZ war Bischof Ralph mit seinen geistlichen Denkanstößen, die gekonnt den historischen Kompromiß zwischen SM und Christentum zelebrierten, ein Begriff. In den letzten Wochen war er plötzlich verstummt. »Der bereitet sich in Rom aufs Konklave vor«, mutmaßten einige - und tatsächlich! Bischof Ralph (ganz links) im Vorkonklave in Rom im Kreise seiner geistlichen Brüder: 
Schade, daß das Outfit nicht ganz perfekt war und ihn daher verriet, so daß er von den Schweizergardisten abgeführt wurde - ich hätte ihm gegönnt, ins Konklave zu kommen ... und ist er nicht womöglich sogar selbst »papabile«? Hier ein langer SZ-Thread mit weiterführenden Zeitungslinks.

Volksverdummung II: Die Titanic-Band spielt bis zuletzt

Am 24.2. berichtete das FAZ-Feuilleton über ein jüngst in Frankreich erschienenes politisches Buch eines Sarkozy-Mitarbeiters, das schöne Einblicke in den zerfahrenen Politikbetrieb eines sprunghaften Präsidenten liefert. Mitte November 2011 fragte der verzweifelt: »Wo soll ich denn so schnell neue französische Franc herkriegen?« Er rechnete allen Ernstes mit dem Zusammenbruch des Euros in der folgenden Woche - derweil er öffentlich Durchhalteparolen ausgab. Ich sag's ja: Man wird uns noch den Euro predigen, wenn der schon halb abgesoffen ist ...

Pornoverbot: Muß ich jetzt »eine Butike auf Island aufmachen« ...

... wie einst der Rentner Erwin Lindemann in dem unvergessenen Loriot-Sketch? Wieder einmal wird eine alte Sau durchs Dorf getrieben: Die Feministinnen im Europaparlament fordern zum x-ten Male ein Verbot der Pornographie - weil die doch angeblich Frauen sooo diskriminiere. (Daß es auch Femdom-Pornos gibt, die Männer als Sklaven darstellen, wird ignoriert.) Mein Autor Arne Hoffmann berichtet darüber hier und hier. Sogar die Rote Fahne zeigt sich indigniert: »Das Imperium und seine europäische Sektion EU wollen den Menschen jetzt auch noch den politisch korrekten Umgang mit ihren Genitalien vorschreiben. Das Thema ›Pornographie‹ dient hier vor allem als Vehikel, eine ganz andere Botschaft zu transportieren; nämlich die Negierung biologisch determinierter Geschlechter und des natürlichen menschlichen Rollenverhaltens. (...) Zweitens geht es einmal mehr um Zensur generell. (...) Der Trick der imperialen Hegemonie und ihrer Propaganda besteht ja gerade darin, den Abbau demokratischer und sozialer Errungenschaften als emanzipatorisches Projekt zu verkaufen.« So ist es, Genossen! :-)
So können wir (und vor allem ich) nur hoffen, daß hier wieder einmal nur ein folgenloser Sturm im Wasserglas tobt - denn ich habe wenig Lust, mir einen neuen Job zu suchen.

Die klassische Sau: 

Goethe einmal erotisch - ob echt oder unecht - was soll's ...

Klassikerlektüre II: Esperantogeld und Schuldensümpfe

Belächelt hatte ich ihn milde, damals vor 20 Jahren, als er über die »untilgbaren Schulden Deutschlands« sprach und davon, daß jeder in einem sicheren fremden Land, etwa der Schweiz, ein Konto unterhalten solle: Franz Konz mit seinen »1000 Steuertricks«. »Laß dir das von Onkel Konz mal erklären«, lautete einer seiner Standardsätze, wenn er anfing zu politisieren, etwa so: »Was glaubst du, wie schnell man dir im Krisenfalle mit einem ›Gesetz zur Auslieferung von Devisen bei Androhung von lebenslänglich‹ dein Geld abknöpfen kann? Deshalb solltest du nicht mal die Kontoauszüge deines ausländischen Kontos herumliegen lassen und auch jeden Postverkehr unterlassen.« Es ist unangenehm zu konstatieren, wieviel näher wir seinen Prognosen gekommen sind in den letzten 20 Jahren. Neulich fiel mir einer seiner Ratgeber, den ich trotz fehlender Aktualität noch nicht weggeworfen hatte, wieder in die Hände - ein »kleiner Konz« von 1996. Bei seinen Zukunftsprognosen war er sogar unangenehm aktuell, muß ich leider sagen. Seitenlang wollte ich daraus zitieren, aber das würde hier natürlich den Rahmen sprengen. Konz sieht klar: Weil die Finanzierung neuer Sozialleistungen durch Schulden populärer sei als durch Steuererhöhungen, wüchsen die Schuldenberge weiter. (Schauen Sie sich um, lieber Leser: Am Ende des konjunkturell guten Jahrs 2012 machte Deutschland noch 25 Milliarden Euro neue Schulden - aber für Unsinniges wie die Herdprämie werden Milliarden ausgegeben!). Das geplante »Esperanto-Geld« namens Euro werde nur zu einem gigantischen Schuldensumpf führen, in dem alle Verantwortlichkeiten verschwänden, die der finanzschwachen Südländer sowieso, aber auch die deutschen, und das Ende vom Lied sei dann wohl der Verlust aller Ersparnisse und die allgemeine Pleite ...

Klassikerlektüre III:

Fast ein Klassiker der Eurokritik ist der Brite Bernard Connolly (hierzulande wenig bekannt, auch ich kannte ihn nicht). In den frühen 90er Jahren war er an der Euro-Vorbereitung beteiligt, aber so wenig begeistert von dem sich abzeichnenden Gemeinschaftsgeld, daß er sich 1996 zu einem kritischen Buch hinreißen ließ: »The rotten heart of Europe«. Daraufhin waren seine Kollegen und Vorgesetzten natürlich erst mal beleidigt, warfen ihn raus, erteilten ihm in Brüssel Hausverbot und hängten gar sein Konterfei an alle Brüsseler Behördeneingänge wie das eines Schurken.
Heute befaßt sich Conolly mit gutbezahlter Beratung für Privatfirmen und hält sich mit öffentlichen Äußerungen zurück - außer zur Neuauflage seines leider unverändert aktuellen Buch, worüber ein Artikel im Wall Street Journal berichtet. Connolly vor Jahren über das US-Staatsfinanzsystem: »Als der damalige Fed-Chef Alan Greenspan den Leitzins auf damals beispiellos niedrige 1 Prozent senkte, bezeichnete Connolly die US-Wirtschaft als schuldengetriebenes Schneeballsystem. Die Zinsen müßten noch weiter fallen, damit dieses System überleben könne.« Zur Eurokrise: Die politische Elite der EU halte den Höhepunkt der Krise für überschritten, aber sie sei lediglich durch die Geldschwemme der EZB vorübergehend gedämpft worden, nicht geheilt, denn es gehe weiter bergab: 5 Millionen Arbeitslose in Spanien (Ende 2010 waren es 4), insbesondere die dort geplatzte riesige Immobilienblase sei einer der Hauptverantwortlichen für die Krise, Frankreich ist auf Talfahrt, Italien steht auf der Kippe, Griechenland ist nach wie vor eine schwärende Wunde - ohne Lohnreduzierungen in den Mittelmeerländern und/oder dauerhaft riesige Zahlungen Deutschlands an sie bleibe die Eurokrise ungelöst. »Die deutsche Wiedervereinigung hat den früheren Westteil etwa 5 Prozent des jährlichen BIP gekostet. Ein Ende ist nicht in Sicht. Diese Ausgaben seien politisch durchsetzbar gewesen, sagt Connolly, weil es das gemeinsame Ziel gegeben habe, das Land wieder zu vereinen. Eine Solidarität wie diese existiere nicht für Europa. ›Es gibt keinen europäischen Demos. Und man schafft keinen Demos, in dem man ein System errichtet, dass sagt: Wir geben euch Geld, und ihr befolgt dafür die Regeln. Das funktioniert einfach nicht.‹«  

»Blowjob des Zimmermädchens total normal« - die erlaubte Persönlichkeitsverletzung:  Bestseller in Frankreich

So sehen Bestseller in Frankreich aus: Eine Journalistin der »Liberation« schreibt ein Buch mit dem Titel »Schön und dumm«, das den erotisch aktiven Banker Dominique Strauss-Kahn gnadenlos durch den Kakao zieht. Auf dem Titel ein Ferkel und ein Paar Pumps. Der Titel ist auf der Neuerscheinungsliste seines seriösen Verlags nicht aufgeführt, er ist ein Überraschungscoup. Total überrascht, peinlich überrascht war auch das Redaktionsteam des »Nouvel Observateur«, als der Herausgeber an ihm vorbei den Vorabdruck in seinem Blatt lancierte. Das Skandalbuch schoß auf Amazon.fr gleich hoch an die Spitze der Charts. Ein Gericht verbot das Buch nicht etwa aufgrund des Persönlichkeitsrechts von Strauss-Kahn, sondern erlaubte den weiteren Vertrieb, sofern der Verlag jedem Buch einen Zettel mit der Aufschrift »Verstößt gegen die Privatsphäre« beilegt. Die Autorin, ursprünglich eine Verteidigerin Strauss-Kahns gegen »feministische Hysterie«, hatte mit dem ein Verhältnis und wandelte sich zur Gegnerin Strauss-Kahns - und ebenso wandelte sich die Tendenz des von Anfang an - mit dem Wissen Strauss-Kahns - geplanten Buchs, verkehrte sich ins Gegenteil. Hier die FAZ über die Art und Weise, wie in Frankreich Skandalbestseller gemacht werden. »›Es ist doch völlig normal, vom Zimmermädchen eine Fellatio zu verlangen‹, soll [Strauss-Kahns] Gattin gesagt haben.«

Irrenhaus II: Wieder einmal Schweden - zieh dir die Karte durch den Schlitz, Mieze!

Vor Monaten schrieb ich schon mal darüber, daß Schweden ein Irrenhaus ist, das das Bargeld komplett abschaffen möchte, um die Bürger total kontrollierbar zu bekommen. Bargeld bräuchten doch nur Verbrecher, etwa solche, die Schwarzarbeiter auszahlen oder eine Nutte entlöhnen wollten, so die Regierung oder gar manche Gewerkschafter (sollen die nicht die Interessen der kleinen Leute gegen die Mächtigen vertreten?). Jetzt sind es laut diesem Bericht im Merkur die Banken, die an immer mehr Filialen kein Bargeld mehr ausgeben und so die Kunden in die bargeldlose, total kontrollierte Gesellschaft nötigen wollen. Selbst Stockholms Busfahrer nehmen kein Bargeld mehr an, man benötigt ein Handy zum bargeldlosen Zahlen. Ein Kommentator zu diesem Artikel: »Und was machen die Klofrauen? Ziehen sich die dann die Kreditkarte durch den Schlitz?«
Oh weh - wenn Banken und Regierung zusammenstehen, hat die Bevölkerung einen schweren Stand ...

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