Das Jahresende ist die Zeit der Rückblicke und der Listen, so auch in der gestrigen FAS – 20 Orten, »die man meiden sollte«, wurden im Reiseblatt solche gegenübergestellt, die man unbedingt besuchen sollte, so z. B. Lemberg (Lwow / Lwiw auf russisch bzw. ukrainisch), vor 1918 eine vielsprachige Stadt am Nordostrand des K. u. K.-Imperiums, dann polnisch, später von den Sowjets annektiert (und entsprechend gut auf sie zu sprechen), heute ukrainisch, mit einer vom 2. Weltkrieg weitgehend verschonten, gemütlichen Altstadt – und mit einem »Café Masoch«:
»Wer sich im Urlaub über die lauten, unflätigen Tischnachbarn aus Rußland geärgert hat, wer also Grund hat, sich über reiche Russen aufzuregen, sollte in den Westen der Ukraine reisen, denn hier wird noch ordentlich geschimpft über die großen russischen Nachbarn. Im Café ›Masoch‹ kriegen sie, wie die anderen Gäste auch, die Peitsche zu spüren – wer hier einen Cocktail bestellt, bekommt eine Gratisbehandlung durch die servierende Domina. Russische Opfer läßt sie dabei immerzu ›Ich hasse Lenin‹ schreien. Das schmerzt, aber wirklich weh tut sich hier niemand. Die ganze Stadt, wir sprechen von Lemberg, ist so friedlich wie schmuck. Eine gute Nachricht ist, daß sich die Stadt mit ihrer von Kriegsbomben verschonten Altstadt für die deutschen Fans damals erfolgreich herausgeputzt hat. (…) Was bleibt, sind ein Flughafen, Ruhe und wieder annehmbare Zimmerpreise. Und natürlich die reichen russischen Touristen, die viel eher als die Westeuropäer erkannt haben, wie schön es hier ist. Russe müßte man sein.«
Wenn erst mal genügend Russen das Café Masoch frequentiert haben werden, geschieht vielleicht ein Wunder, und die eingepökelte Leiche des Putschistenführers in Moskau wird vielleicht doch endlich beerdigt.
Als ich vor Jahren das erste Mal ins spanische Galicien reiste, mißverstanden das auch einige und glaubten, ich würde im polnisch-ukrainischen Galizien auf Sacher-Masochs Spuren wandeln. Mitnichten – aber das wäre doch mal eine Idee für eine Touristenstraße: Hier das Café, wo Severin seine erste Watsch’n von Wanda empfing, dort der Ort, wo er als »Ackergaul« den Pflug ziehen mußte …
http://masoch-cafe.com.ua/
Neuerscheinungen aus dem Marterpfahl Verlag, Aktuelles, Politik - die Chronik des laufenden Wahnsinns ... - Der Marterpfahl Verlag ist seit der Jahresmitte 2024 Geschichte, den »aktuellen Wahnsinn« gibt es noch (leider), und es wird auch in Zukunft als freiberufliche Tätigkeit gelegentlich Neuerscheinungen geben, unter was für einem Label auch immer :-)
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