... allerdings noch nicht Passionsgeschichte, das wäre wohl zu hochgegriffen. Aber der MARTERPFAHL steht momentan halbgefesselt da und unter Beschuß: Finanzamt, Künstlersozialkasse, Autoren - alle wollen was, und es kommt nur wenig rein. Doch seit etwa einer Woche wird zurrrückgeschossen: mit einer Serie von 5 Ebook-Neuerscheinungen. Die wird auch weitergehen, bis die meisten Marterpfahl-Titel auch endlich als Ebook vorliegen - allerdings brauch ich jetzt dringend ein paar Tage für Statistik, Buchführung etc., auch damit's ab Ende April endlich Autorenabrechnungen gibt (sorry for delay).
Doch vorerst naht der Gründonnerstag, auf dem Kalender und in natura, und somit ist's Zeit für eine Ostergeschichte eines ganz lieblichen Häschens (auch in der Sklavenzentrale, aber die kann nicht jeder lesen):
* * * * *
Mieterschutz
Eine völlig gewaltfreie Geschichte
Als Frl. Kleinschroth, die junge, attraktive, alleinstehende Mietshauserbin, wie üblich ohne zu klopfen sein Zimmer betrat, empfand Herr Güttner – »Herrlein« nannte sie ihn meist ironisch – das, was er immer empfand: Herzklopfen, Beklemmungen, das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Strafe zu verdienen. Dabei hatte er doch schon genug gebüßt in den letzten Tagen und Wochen. Die halben Semesterferien – alles ab der Märzmitte – waren dabei draufgegangen. Dabei war diese »vorlesungsfreie Arbeitszeit«, wie ein altmodischer Prof sie nannte, ja eigentlich zum Arbeiten gedacht. Nur eben nicht für
s o l c h e Arbeiten. Nicht für Kartoffelschälen und Unkrautjäten. Schon gar nicht angetan mit einer Schürze mit der Aufschrift »Hausmann & Pantoffelheld«, ausgiebig bestaunt und belächelt von Frl. Kleinschroths Freundinnen, und deren gab es reichlich.
»Na, mal wieder ein bißchen verträumt, Herrlein Güttner?« holte ihn Frl. Kleinschroths ironische Stimme wieder in die Gegenwart zurück.
Rot werdend, sprang er auf wie ein schuldbewußter Schuljunge von einst. »Womit kann ich Ihnen dienen?« Er versuchte, seinen Ärger nicht allzu deutlich durchklingen zu lassen.
»Wie lautet der aktuelle Stand?«
»Minus 200 Euro«, gestand der Mieter demütig und zerknirscht.
»Exakt!« lächelte Frl. Kleinschroth aus der überlegenen Höhe von 1,80 m incl. Heels auf die zierlichen 1,70 m Herrchen Güttners herab. »Sie waren mit zwei Monatsmieten à 300 Euro im Rückstand. Macht 600 Euro, die Sie mir schulden. Durch 40 Stunden Haus- und Gartenarbeit à 10 Euro haben Sie 400 Euro abgearbeitet. Bleibt also ein Rest von 200 Euronen. Was hielten Sie davon, den auf einen Ruck abzuarbeiten? Kostet Sie nur einen Abend, aber den richtig. Dann könnten Sie sich auch wieder voll und ganz Ihrem Studienkram widmen. Einverstanden?«
»Worum geht es dabei?«
»Ja oder nein? Ich kann auch wieder gehen.«
»Ja«, kapitulierte Herr Güttner.
»Na also. Klein und schlank sind Sie ja.« Frl. Kleinschroth lächelte. »Und tanzen können Sie doch, oder? Wenn auch vermutlich nicht so ... Aber das Goldstar-Tanzabzeichen haben Sie doch, wenn ich mich recht erinnere?«
»Jaaa ...!?« Güttners Miene war ein einziges Fragezeichen.
»Alles Nähere hier in diesem Faltblatt. Seien Sie pünktlich! Und geben Sie sich Mühe! Nur die lächelnd Pein gibt den knisternd Schein!«
***
»Na siehst du – geht doch ...!«
Bewundernd strich Frl. K. über die glatten, haarlosen Beine des Models, was ihr leichtfiel, da sie auf einem Tisch standen, einem Tisch in einem Nebenzimmer des Clubs, in dem »Laila«, das vielversprechende Nachwuchstalent, gerade aufgetreten war.
»Schöne Beine hast du ... ›Laila‹. Schön gründlich rasiert.«
Unwillkürlich war sie ins Du gefallen, alles andere hätte lächerlich gewirkt. Ihre Hand ging höher zum türkisfarbenen, straßbesetzten Höschen, aus dessen Bund sie einige kleine Scheine herausfischte.
»Da siehst du den Lohn der Mühe ... ›Laila‹. Ich nehm mir dann mal 200 Euro, der Rest gehört dir – und dem Club … Ein Glück, daß mir neulich einfiel, daß meine Freundin Gisela mit dem Bauchtanz anfangen wollte, und da sie eine ähnliche Figur hat wie du, sprach alles dafür, ihren neuen Fummel erstmal gehörig einzutanzen.«
Der Besitzer des Gay King's Club war neben Frl. K. getreten.
»Eine gute Figur hat sie gemacht, unser Nachwuchstalent Laila. So was schätzt unsere Klientel ... Da lassen sie schon mal springen ... oder knistern.«
Mit diesen Worten fingerte der Clubbesitzer einige schöne Scheinchen aus »Lailas« schaumstoffgepolsterten Oberteil, dessen Türkis mit »Lailas« gerötetem Kopf entzückend harmonierte; wenn Mr. Big King, wie Freunde ihn nannten, mit dem Straß am BH klimperte, klimperten auch »Lailas« künstlich verlängerte Wimpern an ihren schwarzen Augen.
»Ich könnte mir vorstellen, unseren neuen Ladyboy auch für das Fach Burlesque einzusetzen.«
»So richtig schön mit Strapsen, Dessous und Stöckelschuhen?«
»So richtig schön – das volle Programm. Wenn er gut ist, sogar noch mit Privatvorstellungen. Im Séparée. Das wird noch bedeutend besser bezahlt – wenn die Leistung unseres Bürschchens gut ist. Aber das schafft er. Mit ordentlich Training und Ansporn.« Er ließ ein Lineal in seiner Rechten spielerisch in die Handfläche seiner Linken klatschen.
Frl. K. strahlte. »Was sagst du dazu, Güttnerchen?«
Der sagte gar nichts. Er war sprachlos.
Der King winkte mild lächelnd ab. »Das findet man öfter in solchen Situationen, daß es den Kerlchen einfach die Sprache verschlägt vor Glück. Er braucht auch nichts zu sagen, der Guteste. Im Interesse des Mieterschutzes ist es, daß ›Laila‹ nur den Besten, Liebevollsten in die Hände fällt, und da braucht es nicht viel Worte, nur Taten.« Ein Klaps auf »Lailas« Po unterstrich die königlichen Worte. »Er muß nur gut Englisch können und verstehen.« Kings Hand zeichnete genüßlich »Lailas« Rundung und Spalte nach. »Griechisch und Französisch lernt Bübchen dann noch ganz ohne Worte. Learning by doing. Je mehr Fachsprachen, desto mehr Einkommen.«
Frl. K. lachte schallend, und zusammen mit dem King beobachtete sie genußvoll die immer tiefere Röte auf Herrn Güttners schamerfüllten Gesicht.
Erläuterungen dazu:
Mieten sind heute ein ziemliches Thema, wie die beiden Spanking-Vermieterin-Geschichten weiter oben zeigen. Sie erinnerten mich an folgendes:
In den 90er Jahren konnten sich die Tübinger Leser des TAGBLATT-Mittwochsanzeigers der »Herr-Wüttner-und-Frau-Kleinschrott«-Cartoons von Haimo Kinzler erfreuen: die realsadistische bzw. -masochistische Geschichte der Vermieterin Frau Kleinschrott und ihres Mieters Wüttner. In einer Folge stiefelt sie in des Mieters Zimmer mit der Ansage: »Sind Sie schon wieder mit der Miete im Rückstand – da muß ich Sie wohl wieder einmal abstrafen!« Und dann sah man den armen Mieter mit umgebundener Schürze Unkraut jäten oder Kartoffeln schälen oder gar mit Straps und Stöckelschuhen auf dem Tisch tanzen, während Frau K. und Konsorten sich vor Lachen auf dem Sofa bogen. Doch kein Glück währt ewig: Man sah Herrn W. eine Zeitung lesen; Überschriften verkündeten: REGIERUNGSWECHSEL – SOZIS KOMMEN AN DIE MACHT – MIETERSCHUTZ VERSTÄRKT. Und auf dem nächsten Bild sah man die einst hochmütige Vermieterin demütig vor Herrn W. auf den Knien herumrutschen ... So hätte man die Geschichte am Schluß auch umbiegen können. Das folgende Cover vermittelt einen Eindruck von den handfesten Qualitäten einer dominanten altschwäbischen Vermieterin:
https://www.amazon.de/Herr-W%C ... nis/dp/3821834110
Und sonst so?:
Helge Schneider steppt in Badelatschen (hier, ab ca. 6:40) und hat hier (1999), ebenfalls bei Harald Schmidt, das breiteste Grinsen und die (un-)sinnigsten Antworten, die man sich denken kann (hier).
Frohe Feiertage, liebe Leute - bis bald in alter Frische!
Neuerscheinungen aus dem Marterpfahl Verlag, Aktuelles, Politik - die Chronik des laufenden Wahnsinns ... - Der Marterpfahl Verlag ist seit der Jahresmitte 2024 Geschichte, den »aktuellen Wahnsinn« gibt es noch (leider), und es wird auch in Zukunft als freiberufliche Tätigkeit gelegentlich Neuerscheinungen geben, unter was für einem Label auch immer :-)
17.4.19
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