7.6.23

Sommerfrische am Ende der Welt - Teil III: Knöllchenfrei und Spaß dabei


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Spaziergang nahe dem Atlantikstrand von Fisterra, Mitte Januar 2015 (Bild: WP) 

In Sagres gab's reichlich Quartiere, aber keine sonderlich günstigen (die kennen die Gunst ihrer Lage sehr wohl), und einen sonderlich ansprechenden Eindruck machte der Ort auch nicht.
Also fuhr ich wieder auf der Landstraße nordwestwärts, auf der ich vorher schon gelandet war. An einer Ortsausfahrt lockte ein Schild „Steak house – Bar“. Ich parkte den Wagen 100 Meter entfernt auf einem sandigen Standstreifen und kehrte ein zum Abendessen. Die hatten sogar das sauteure und angeblich saugute japanische Wagyu-Rind auf der Karte; ich begnügte mich mit Kartoffeln, Schinken und Spiegelei plus drei Weizen und verzog mich dann – wieder einmal – ins „Hotel Dacia“.
Eine auf der Karte dick rot eingezeichnete Hauptverkehrsstraße war die, an der ich stand – aber nachts fuhr stundenlang kaum einer vorbei. Man hörte nur die Rufe des Käuzchens und das Zirpen der Grillen.
(An meinem früheren Wohnort Nehren hörte ich nur das Gurren der Tauben, erst in Rexingen das Käuzchen, ähnlich wie auch an einem Campingplatz in Brügge – und jetzt an mehreren Orten in Portugal und Galicien. Verschiedene Grillenarten haben verschiedene Sounds; an einem Sommerabendspaziergang in Wien fiel mir auf, daß an einigen Straßenecken Grillen saßen, die das mir aus Württemberg vertraute Geräusch von sich gaben – „zirpzirpzirp …“ –, an anderen Ecken aber solche, die einen schrillen Dauerton von sich gaben – "ziiirrr…" –, wahrscheinlich überlagern sich in Wien die Habitate zweier Arten, und in der Poebene oder jetzt an der Algarve gibt’s wieder einen Dauerton, aber einen anderen als in Wien. In der Karibik gibt’s einen wellenartig auf- und abschwellenden Ton …)
Morgens ein paar Schlucke aus der Colaflasche, das muntert auf, und weiter nordwärts. Die Straße ist oft holprig, die Wald- und Hügellandschaft hübsch.
Nördlich von Lissabon wird’s lebhafter, und es gibt auch wieder Autobahn. Den Badeort Nazaré mit seinen bis zu 20 Meter hohen Monsterwellen, ein Wellenreiterparadies (keine Kite-Surfer wie z. B. in Tarifa) ließ ich aus, fuhr weiter nordwärts. In Porto durch die Stadt, später tanken (immerhin schon die zweite Tanke akzeptierte Bargeld), und ich nahm mir vor, diesen Abend noch nordwärts bis über die spanische Grenze zu kommen, ins schöne Galicien.
Es wurde bergiger, die grünen Berge Galiciens grüßten, die Dämmerung brach herein, es war etwa 22 Uhr spanischer (mitteleuropäischer) Zeit, ich rollte über den Grenzfluß Minho und verließ gleich bei dem spanischen Grenzstädtchen Tui die Autobahn. Eine Ausfallstraße – nicht allzu lebhaft befahren – bot zwei breite Parkstreifen, die vor allem von Lkw genutzt wurden; ich holte mir von der nächsten Tanke noch drei verschiedene kleine Dosenbiere, und machte es mir mit meinem Schlummertrunk im „Hotel Dacia“ gemütlich, so gut es geht …
(Gerade schaue ich mir das noch mal im Internet an: Die „Ausfallstraße“ war in Wahrheit eine Einfallstraße zur Altstadt des Städtchens Tui, eines hübschen Städtchens mit gleich vier preiswerten Hotels von 32 bis 65 Euro; das billigste davon eine Pilgerherberge für die von Portugal kommenden Jakobspilger. Vielleicht sollte ich mir doch mal mobiles Internet zulegen … – Für einen längeren Aufenthalt ist das Städtchen allerdings – zumindest in meinen Augen – nicht geeignet, denn es liegt nicht am Meer, wo die Wellen rauschen und rauschen, oft noch in hunderten Metern Entfernung hörbar, sogar in einigen Kilometern manchmal, sondern nur an den Wassern des Grenzflusses Minho …)
FR 19.5.: Wieder einmal nach einigen Schlucken Cola Aufbruch. Die Sonne lachte, und es boten sich auf der Autobahn Richtung Santiago immer wieder herrliche Ausblicke auf blaue Buchten und Fjorde, aber der oft hektische Verkehr ließ mir nicht viel Muße, das zu genießen.
Schließlich bog ich ab Richtung Noia, nach Westen, Richtung Muros und Fisterra, eine Strecke, die mir schon vertraut war und die ich immer wieder genießen werde: der Ausblick auf den sich weitenden Fjord, die Bläue des Meers, die (hier an manchen Stellen leider kahlen) Berge, nur kann man das als Selbstfahrer auf der kurvigen Strecke nicht so recht genießen.
Man sieht jetzt auch wieder Wanderer, Pilger, die nach Erreichung ihres Wanderziels Santiago de Compostela noch in eitler weltlicher Neugier das Ende der Welt besichtigen wollen. Ein Ende dieser Fortsetzung des Pilgerpfads bildet das Vorgebirge in Fisterra (galicisch; spanisch „Finisterre“), ein anderer Abzweig geht nach Muxia, wo nach einer Variante der Jakobslegende eine Barke mit dem Leichnam des Heiligen angespült worden sein soll.
Einbiegen auf die Halbinsel, deren südliches Ende der Leuchtturm am Kap bildet. Ein paar Kilometer, dann rolle ich durch die Straßen des 5000-Seelen-Orts Fisterra, finde in einer Seitenstraße am südlichen Ortsende einen schattigen Parkplatz, wo ich den Wagen gratis und problemlos vier Tage lang stehen lassen konnte – eine wahrhaft entspannte Lebensart, kein Gedrängel und nichts, trotz der vielen Touristen.
2016 pilgerte mein Freund, der Journalist S., zu Fuß von Tübingen nach Santiago, und mit dem Auto kutschierte ich ihn, einen Kollegen, seinen „Kurschatten“ und mich von Santiago nach Fisterra. S. hatte sich lobenswerterweise auch für den Kollegen und mich um ein Hotel bemüht, das „Ancora“.
Am anderen Tag beim Frühstück fragt der Journalistenkollege: „Ist dein Zimmer auch so … seltsam dekoriert?“ Ja, war es: Dachhimmel überm Doppelbett, schleierartige Gardine ringsum, zwei kunstvoll zusammengedrehte weiße Handtücher sahen aus wie schnäbelnde Schwäne. Im Bad weiteres romantisches … äh … Gedöns … Gezumpel … Zubehör … wie auch immer. Ein Bumshotel für Flitterwöchner. Aber nett – und billig.
Ja, sie hatten (für insgesamt unter 70 Euro) ein Zimmer für zwei Nächte mit Frühstück frei, aber erst ab übernächster Nacht. Okay, gebongt – und für die zwei Nächte bis dahin werd' ich auch noch was finden.
Ich fand's 200 Meter weiter, in einem Hotel, wo ich 2015 oder -16 auch schon mal genächtigt hatte. Im Vorfrühling. Nachts blies der Wind in Böen vom Atlantik her dermaßen, daß man sich kaum auf den Beinen halten konnte. Hier war's etwas teurer, aber gut 100 Euro für zwei Nächte mit Frühstück sind ja auch noch sehr passabel.
Ich verzog mich in eins der Hafenrestaurants und schrieb und schrieb zum Biere … Die Spanier lernen allmählich, sich beim großen „Caña“ (Faßbier) an die 0,5-Liter-Marke anzunähern. Mancherorts war sie schon erreicht …
Wieder begannen entspannte Tage des Schreibens – na ja, fast … Ein kleines Unglück trübte das Ganze etwas – doch dazu morgen, Leute! ;-) (ca. 1011 Worte) (6.6.'23) 

Bild unten: Der Atlantikstrand von Fisterra (WP) 


 

 

 

 

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