8.11.21

Und die Wellen rauschen und rauschen ... bis ans Westende


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

»Hotel des Grauens« müßte der passende Romantitel zu so einem Titelbild lauten, und es müßte so ähnlich zugehen wie in Bates' Motel.

Nein, so wie auf diesem retuschierten Foto sieht das Hotel Sint Laureins, das mit Sondergenehmigung vor Jahrzehnten schon in die Dünen westlich von Westende gestellt wurde, natürlich nicht aus - aber allemal interessant und besuchenswert. Hier wollte ich über Silvester ein paar Tage bleiben, aber alles war schon im Sommer ausgebucht (und recht teuer obendrein - die Lage, die Lage ...)

Also machte ich meinen Belgien-Kurztrip ohne Hotelreservierung und schon jetzt, Anfang November, während ich Silvester auf Helgoland verbringen werde - wenn alles klappt und Corona nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht.

MI, 3.11., kam ich gegen 12 endlich weg. Von Horb nach Freudenstadt; dort volltanken. Zwar war noch reichlich Sprit im Tank, aber wer weiß, wer weiß ... Zwei Tage zuvor hatte ich Schwierigkeiten beim Volltanken gehabt: In Ofterdingen war eine Großtankstelle komplett »trocken«, und bei der Tankstelle gegenüber war die E10-Zapfsäule so umlagert, daß ich das teurere Super tanken mußte. (Auch in Belgien Schlangen vor manchen Tankstellen; keine Schlange gab's vor einer niederländischen Autobahntankstelle; da kostete der Liter E10 2,04 €.)

Runter ins Rheintal und nordwärts nach Karlsruhe, dann westwärts nach Landau, vorbei an Annweiler und der hoch oben auf dem Berg thronenden Burgruine Trifels, wo König Richard Löwenherz einst über ein Jahr lang gefangengehalten wurde. Und immer gen Westen, was besonders spürbar wurde, wann immer sich die Regenwolken mal kurz verzogen. Es sei ein großer Fehler gewesen, gen Westen zu fahren, erzählte mal ein Biker, der sich seinen Traum »Quer durch die USA« wahrgemacht hatte. Da fahre man nachmittags immer gegen die sinkende Sonne. Von der West- an die Ostküste zu fahren sei viel besser.

Insgesamt zeigt sich wieder einmal, was mir schon seit Jahren klar ist: Es gibt schöne Orte und Gegenden - und dazwischen endlose öde Autobahnstunden. 

Beim Eindunkeln näherte ich mich der luxemburgischen Grenze, verließ die Autobahn und fand in Nennig auf der deutschen Moselseite in der »Traube« ein gemütliches Zimmer, ließ den Abend mit Bitburger und Roulade ausklingen. 

DO, 4.11.: Morgenspaziergang im luxemburgischen Remich auf der anderen Moselseite. Hier gibt es locker zehnmal so viele Lokale, viele mit gestopfter Entenleber und mit gesalzenen Preisen. Nur Sprit ist in Luxemburg immer noch viel billiger als in Deutschland.

Vor Jahren war ich mal nach einem Kiel-Dänemark-Rundtrip zum Abschluß in Belgien, wo an der Küste schon die Osterglocken blühten, während in Deutschland noch alles spätwinterlich war. Auf der luxemburgischen Moselseite nordwärts fahrend, sah ich, wie an der Nenniger Moselbrücke ein Bundesgrenzschutz-Bulli im Gebüsch in Deckung ging. Nein danke, dachte ich mir, fuhr wieder südwärts und überquerte die Grenze nach Deutschland bei Schengen. Bullereifrei. 

Ein Luxemburger Bankkonto hatte ich zwar nicht zu verbergen, aber ein dänisches. Sowohl die Schweizer wie auch die dänischen Banken hatten mit der Eurokrise deutlich an deutscher Kundschaft gewonnen. 

Während Schweizer Banken einen früher bei der Kontoeröffnung gar noch fragten, ob man Mandatsträger sei, und ängstlich beteuerten, sie müßten die Daten der deutschen Kunden preisgeben, falls ein diesbezügliches Gesetz sie dazu zwinge, sagen dänische Banken ganz offen, daß es ihnen schnurzpiepegal sei, was da aus Berlin oder Brüssel an Vorschriften komme, man könne auch auf Wunsch des Kunden jeden Schriftverkehr unterdrücken, dann erfahre keiner von dem Konto. (Als ich mal den Fehler beging und bei Flensburg den Haupt(autobahn-)grenzübergang benutzte (statt einen von vielen Nebenübergängen), rauschte ich prompt in eine Zollkontrolle, doch als hinter mir ein dicker Mercedes einrauschte, war ich nimmer interessant genug und entlassen. Nun ja, was solll's? Die Zinsen schleiften schon vor 10 Jahren am Boden, und es ist ja nicht verboten, ein Konto im Ausland zu haben.

Für ihr Online-Banking war die Thurgauer Kantonalbank einst mit den Worten: »Heute einloggen, morgen frohloggen« ;-) 

Dänische Banken kennen Online-Banking nur für Dänen; man muß dazu nämlich so eine persönliche Nummer haben, die alle Dänen, Schweden und Norweger von der Wiege bis zur Bahre begleitet. Aber man muß auch nicht jedesmal von weit herfahren; »schreiben Sie uns doch einfach 'ne Email, wie viel wir auf welches Konto überweisen sollen!« Ohne Kontrolle, ohne Einloggen. Und wenn es wo landet, wo's nicht hingehört? »Ach, dann buchen wir das eben wieder zurück.«

Weiterfahrt gegen 12. Bei Schengen auf die Autobahn. Über Namur Richtung Brüssel. Tanken und in eine öde Autobahnraststätte, wo es neben alkfreiem Bier Spülwasser auch transparente Plastikdosen mit Salami- und Käsewürfeln gab.

Rauf auf den Brüsseler Ring, ostwärts einen Bogen um die Stadt, dann ab Richtung Gent, Brügge und Ostende - und das alles ohne Landkarte und Navi. Die alten Landkarten hatte ich bei meinem Umzug größtenteils weggeworfen, Kartenausschnitte aus Google Maps konnte ich mangels funktionierendem Drucker nicht ausdrucken.

Flach, grün und weit war die Landschaft jetzt, dazwischen rote Backsteinhäuschen - und kaum Windkraftanlagen, die die Gegend verschandelten. Vorbei an Ostende, dann Abfahrt Westende, und während ich über Betonplattenwege rumpelte, wurden am Horizont die Betonplattenbauten Westendes immer größer.

Die belgische Küste ist ziemlich zugebaut. Acht- bis zehngeschossige Apartmentklötze säumen die Strandpromenaden der einzelnen Orte. Lediglich »landeinwärts« werden die Betonklötze von eingestreuten alten Schnörkelhäusern aus der Zeit um 1900 aufgelockert. 

Eine Tankstelle am Ortseingang hatte keinen Stadtplan von Westende, doch wenige hundert Meter weiter fand sich ein Gratisparkplatz für die rund 44 Stunden, die ich hierblieb, und rund 200 m entfernt eine Kneipe, von französischsprachigem Personal hier in flämischsprachigem Land betrieben und anscheinend erfolgreich (wohingegen im südspanischen Sevilla eine baskische Wirtin boykottiert und rausgemobbt wurde). Eins der Billighotels, die ich mir notiert hatte, war nur gut 50 m entfernt. Logies de wandelaar.

Ja, man hatte noch ein Zimmer für zwei Nächte frei, ein großes Zimmer, genug für drei Personen, daher 65 € statt 45 €. Nun ja - rein ins Zimmer und Abendspaziergang in der Dämmerung.

Die »Kaasbar Hotel Alice« in einem alten Schnörkelhaus verweigerte mir leider den Zutritt. Mein papierener deutscher Impfpaß genügte ebensowenig wie der auf einem Zettel mitgelieferte QR-Code. »Das ist nicht der offizielle belgische, und es drohen bei einer Kontrolle bis zu 7000 € Bußgeld -  tut mir leid!« So ein Käse! Auch diese Zettel zum Ausfüllen gab's nicht. Die waren und sind ja immer eine kreative Herausforderung: Trag ich mich heut' als »Rupert Freiherr von und zu Donnerstein-Knarrenberg« ein oder als Lieschen Müller?

Dem Bierkneipenwirt war's egal, und der Hotelier winkte nur müde ab. Also blieb ich in der Bierkneipe, bis ich die Hälfte der Starkbiere durchgekostet hatte, und wankte dann ins Bett. 

Bild unten: Sonnenuntergang im Mai in Westende, von der Website Westende, die Perle; wie eine meiner Autorinnen als Kind jährlich Ferien in Bad Cadzand, dem südlichsten der niederländischen Seebäder, zu machen pflegte, so diese Familie in Westende. 


 

 

 

 

 

 

 

    

 

 

 

 


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