Sonntag, 16.10.2011: Autoren noch und nöcher
7.15 Uhr aufstehen. Diesmal nur ein Brötchen zum Frühstück, dafür ein Aspirin unter der Dusche. An meinem Auto holte ich noch Bücher und begab mich um 8.15 Uhr Richtung Straßenbahn. Doch die war mir gerade vor der Nase weggefahren. Die nächste folgte erst in 13 Minuten. An der Haltestelle warteten schon mehrere, die mit ihren Rollkoffern gut für eine Flut von Prospekten gewappnet sind. Eine junge Frau sah aus wie Sarah Wagenknecht – die trägt allerdings keine so hübschen rosa Pseudo-Dirndl-Wämschen.
Endlich saß ich in der Straßenbahn. Es war halb neun durch. An der Galluswarte mußte ich 7 Minuten auf die S-Bahn warten, und so war es schon neun Uhr durch, als ich endlich im Eingang Torhaus im Obergeschoß vor den Kontrollen stand. Diesmal nützte es mir nichts mehr, Aussteller zu sein, ich mußte warten und mich im allgemeinen Menschenstrom hineintreiben lassen in Halle 4.1. und bis zu unserem Stand – an dem die Charon-Leute auch erst kurz vor neun angelangt waren.
Es war jetzt 9.10 Uhr. Zum Standaufräumen kam ich nicht, weil schon Torres auf der Matte stand, mein Bestseller-Autor. Den Abend zuvor hatte er bei einem Frankfurter Treffen von Fantasy-Autoren verbracht, nun war er auf der Messe.
Und nicht nur er. Uli Bendrick kam mitsamt einer etwas verschüchterten Tochter und brachte mir ein Stoffpferdchen mit – eigentlich hatte sie mir einen blauen Hai schenken wollen, entsprechend dem Spitznamen ihres Romanhelden, aber der fand sich nirgends. Carlos A. aus der Gegend von Linz war auch da.
Der Buchverkauf ans Publikum war im Gegensatz zum Vortag am Vormittag schlecht, erst danach besserte es sich.
Das Goliath-Messegirl war von Grimmes gestriger Bondage-Vorführung ganz euphorisiert und erbat sich Grimmes neuestes Bondage-Handbuch im Tausch gegen einen teuren Goliath-Bildband.
Ab 15 Uhr hörte man wieder überall das Ratschen von Klebeband. Auch die Charonesen hatten schon diskret eine zusammenklappbare Sackkarre in der Ecke stehen, ließen sie aber vorerst ungenutzt. Nur Last Gasp, unserem Nachbarstand, liehen sie sie kurz aus. Die nämlich packten – im Gegensatz zu 2010 – schon sehr früh zusammen; diesmal hatten sie all ihre Messebestände an einen deutschen Nachfrager verkauft, und zu dem karrten sie die Bücher, und um vielleicht 16 Uhr waren sie verschwunden.
Wenig später ging die Security durch die Gänge und fotografierte alle illegalerweise vorzeitig abgeräumten Stände, suchte auf zurückgelassenen Prospekten nach der Adresse der Verlage (als wenn die nicht in der Datenbank der Messe stünde), diktierte Einzelheiten der »Fälle« ins Diktiergerät, zog dann weiter. Locker ein halbes Dutzend Stände in unserer Reihe waren schon leer geräumt. Das würde wohl bei jedem eine Konventionalstrafe geben …
Endlich war es soweit: 17.25 Uhr, Gong, Durchsage: »In wenigen Minuten schließen wir …«, alle packen erleichtert ein. Grimme und Nicole verschwinden um 17.45 Uhr mit ihrer Sackkarre, bei mir dauert es länger: Die an die Wand geklebten Buchcover vorsichtig ablösen, so daß keine Tesafilm-Rückstände an der Wand bleiben, alles in die beiden befüllbaren Hocker und den (von mir mitgebrachten, nicht gemieteten) Papierkorb füllen …
»Nur ein kleines Schlückchen Gin …!« Mit diesen Worten reichte mir unsere Standnachbarin, die »Künstlerin«, einen winzigen Plastikbecher. Vor lauter Begeisterung zerdeppere ich gleich eins der zwei Sonderangebots-Sektgläser, die ich mitgebracht hatte.
Kurz vor 18 Uhr wurde verwirrenderweise die Ansage »In wenigen Minuten schließen wir …« wiederholt, und wiederum eine halbe Stunde später tönte es durch die Lautsprecher: »Herr Sowieso, bitte begeben Sie sich zum Ausgang Torhaus – draußen wartet die Frau!« Gelächter ging durch die Reihen.
19 Uhr: Endlich hatte ich alles so weit wie möglich zusammengeräumt und Zettel an die Wandschienen geklebt, man möge doch bitte die rote Wandbespannung nicht entsorgen – denn S., mein Messeboy von 2010, möchte sich damit noch sein Schlafzimmer oder seinen Campingbus auskleiden ...
Geldzählen: die angenehmste Tätigkeit nach einer Messe. 565,- Euro hatte ich eingenommen, d. h. ich hatte auf der Hälfte der Fläche von 2010 rund zwei Drittel des Umsatzes von 2010 gemacht – ohne Assistenten und ohne großes Belabern der Kunden. Dennoch blieb ein dickes Minus (siehe unten).
Ich packte meine Aktentasche in meine Sporttasche und die zwei länglichen Sitzkissen für die Sitzschränke noch dazu (damit sie nicht wieder geklaut werden), dann begab ich mich zur S-Bahn und fuhr an der Galluswarte vorbei und bis nach Sachsenhausen.
Die deutsch-russische Grillstube hatte leider das Kasseler aus dem Programm genommen. Serviererin: »Sie sind der erste Gast seit Monaten, der sich darüber beschwert!« – »Ich bin aber extra deswegen hierhergekommen – und jetzt gehe ich anderswohin!«
Den »Struwwelpeter« lernte ich leider erst zwei Wochen später beim Frankfurt-Marathon kennen – Kasseler hat der allerdings auch nicht, aber viele Traditionsgerichte. Stattdesseng ging ich in den »Borsalino«, der hatte neben Italienischem auch Rippchen mit Sauerkraut. So war ich wieder halbwegs versöhnt.
Mit meiner Tasche ging ich dann über den Main, um das Lokal »Jerôme« kennenzulernen. Leander Sukov hatte dort am Donnerstag, also parallel zu meiner Lesung, eine Lesung unter dem Motto »Literatur und Eierlikör« veranstaltet, eine wohl gänzlich unerotische Lesung aus einem alten antifaschistischen Roman (Sukov ist Kommunist, seine Frau Verlegerin). Doch dieses ziemlich neue Lokal, kaum einen Kilometer von der Venusberg-Bar entfernt, hatte sonntags Ruhetag – also wieder heimwärts. Südlich der Konstablerwache stieg ich in die Straßenbahnlinie 11, vorbei an der Europäischen Zentralbank mit den wackeren »Besetzt Wallstreet!«-Demonstranten und dem leuchtenden großen Symbol einer Währung, die vielleicht nicht mehr lange leben wird, vorbei an Dom und Römer, dem Rotlicht- und Bahnhofsviertel, der Galluswarte – und ein Dutzend Stationen später fand ich mich wieder Höchst.
Auf ein letztes Bier ins »Sol y sombra«, »Sonne und Schatten«. Gegen 10 spazierte ich zu »meinem« Schiff ...
Montag, 17.10.2011: Chill out
Um 5 Uhr hörte ein Zimmernachbar Fernsehen, um 8 Uhr saß ich beim Frühstück, und vom Büffet fehlte schon so manches. Anschließend noch mal dösen. Das Wetter war grau und eben deshalb nachts milder, kein leichter Reif lag mehr in schattigen Lagen. Um elf brach ich auf, um 11.40 Uhr fuhr ich mit meinem Wagen aufs Messegelände.
Unsere Standnachbarin, die »Künstlerin«, war auch noch da, immer noch mit dem Abbau ihrer IKEA-Vitrinen beschäftigt, und ich konnte mich noch einmal über den »vorschriftsmäßig« langsamen Betrieb der Fahrstühle ärgern. Zweimal mußte ich mit dem Rollwägelchen hin- und herfahren, um alles in mein Auto zu laden.
Endlich verließ ich das Messegelände durch Tor Süd und bog nach rechts ab, nach Westen. Ich rollte durch Quartiere, die (mitsamt ihren Straßen) erst im Bau befindlich waren, dann an Campingplätzen vorbei und durch Gewerbegebiete, bis ich plötzlich am Frankfurter Westkreuz über einen Seitenweg direkt auf die Autobahn fuhr.
Die Sonne schien wieder. Nach einem Besuch bei Freunden war ich am Dienstagnachmittag wieder zu Hause in Nehren.
FAZIT: Trotz Kostenteilung mit Charon habe ich über einen Tausender mehr ausgegeben als eingenommen. Es war mal wieder schön, aber einfach zu teuer. Schluß damit! Aller guten Dinge sind (waren) drei – und jetzt schauen wir mal, was Leipzig bringen wird.
Neuerscheinungen aus dem Marterpfahl Verlag, Aktuelles, Politik - die Chronik des laufenden Wahnsinns ... - Der Marterpfahl Verlag ist seit der Jahresmitte 2024 Geschichte, den »aktuellen Wahnsinn« gibt es noch (leider), und es wird auch in Zukunft als freiberufliche Tätigkeit gelegentlich Neuerscheinungen geben, unter was für einem Label auch immer :-)
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