Letzten Herbst wurde ich brieflich von der Friedhofsverwaltung gerüffelt: Das Familiengrab meiner Mutter, Tante, Oma sei verwahrlost; ich möge das doch bitte bis zum Frühjahr in Ordnung bringen. Peinlich, peinlich. Wirkt ja schließlich wie Pietätlosigkeit gegenüber den Vorfahren, denen ich so vieles zu verdanken habe.
Also ran ans Werk! Schaufel her, Astschere her und so manches Kleingerät, und Schluß mit den wuchernden Sträuchlein und dem Unkraut! Eine schweißtreibende Arbeit in der fast schon sommerlichen Hitze beginnt. Gelegentlich fallen mir Namensschildchen in die Hände: Vor Jahren hatte ich hier Bodendecker gepflanzt, die aber ihre Pflicht nicht erfüllten, den Boden nicht deckten, sich vielmehr vom fixeren Unkraut überdecken ließen.
Zwei Stunden Arbeit. Zwölf Uhr Mittags. Ich ließ die Arbeit ruhen und ging Mittag essen in einem 800 Meter entfernten Lokal. Wie es der Zufall wollte, traf ich dabei einen bekannten Tübinger Antiquar*. Danach Weiterarbeit. Kauf eines Straußes in einem nahegelegenen Supermarkt, der Ostersamstag schließt (es erwischt nicht nur die Tante-Emma-Läden). Endlich, schweißüberströmt, bin ich fertig, Koniferen, Efeu und Heidekraut sind ausgelichtet, der Rest gerodet, jetzt müssen nur noch die bestellten neuen Bodendecker kommen. Ich raste in einem Moment der Andacht, dann gehe ich.
Am anderen Morgen Anruf von der Gemeinde: »Sie haben Ihre Schaufel und Ihre Astschere liegen gelassen!« Okay, ich muß sowieso wegen Paketen an Kunden ins Dorf, also erst mal zum Friedhof. »Die Schaufel liegt da an der Bank - wenn sie noch da ist«, beschied mich ein Arbeiter. Ist sie nicht - genauso geklaut wie die Astschere. So viel zur Pietät auf Friedhöfen.
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* Der Antiquar hatte vor zwei, drei Jahren seine völlig überfüllten Räumlichkeiten in Tübingen aufgegeben und etwas außerhalb - in Dußlingen, Nachbarort von Nehren - eine Halle eines Pleitiers (Möbelantiquar und Ablauger) gekauft - und da fand sich, eingemauert und sorgfältig verborgen, eine Altlast, ein 42.000-Liter-Tank mit allerlei Chemie. Der neue Eigentümer fand, die Kreissparkasse Tübingen, Verkäuferin des Objekts, habe ihm das arglistig verschwiegen. Die fand, zu des Käufers Sorgfaltspflichten hätte gehört, alles sorgfältig auszumessen und so Geheimkammern zu entdecken. Das Amtsgericht Tübingen urteilte, der 42.000-Liter-Tank sei eine »bewegliche Sache« (mit einem Schwertransporter vielleicht - und nachdem man ihn aus der Wand gerissen hat), und daher sei die Verjährungsfrist von einem Jahr schon abgelaufen. Das Tübinger Gericht legt sich nicht mit der Kreissparkasse an. Die übergeordnete Instanz vielleicht schon ... Jedenfalls zeigt sich wieder einmal: Vor Gericht und auf See ist man in Gottes Hand ...
Neuerscheinungen aus dem Marterpfahl Verlag, Aktuelles, Politik - die Chronik des laufenden Wahnsinns ... - Der Marterpfahl Verlag ist seit der Jahresmitte 2024 Geschichte, den »aktuellen Wahnsinn« gibt es noch (leider), und es wird auch in Zukunft als freiberufliche Tätigkeit gelegentlich Neuerscheinungen geben, unter was für einem Label auch immer :-)
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