25.9.13

Dreiste Raubkopierer in Robin-Hood-Manier

So, jetzt hab ich's auch getan:
das Urheberrecht verletzt.
Hier unser Autor Christoph Brandhurst
alias Marcel Feige alias Martin Krist am Potsdamer Platz;
durch seine Facebook-Seite (mit diesem Foto)
wurde ich auf all das aufmerksam

Es ist nicht der erste Fall dieser Art, und es wird auch nicht der letzte sein: Da brüsten sich Raubkopierer mit dem massenhaften Einscannen papierener Bücher (die man sich dann gratis runterladen kann) oder mit dem massenhaften Raubkopieren von Ebooks, was meine Skepsis gegenüber Ebooks natürlich nährt. Schon vor zwei Jahren las ich, daß die Mehrzahl der in Deutschland verbreiteten Ebooks Raubkopien seien. Das bekräftigt mich in meiner Ansicht, in Ebooks mehr ein Mittel zu sehen, alte Titel, die ihre besten Zeiten längst hinter sich haben, lieferbar zu halten, als mit neuen Titeln dem papierenen Buch Käufer wegzunehmen. Und dann kommen sich diese Räuber auch noch als eine Avantgarde vor, die den pöhsen reichen Verlagen und Bestsellerautoren nimmt und den vermeintlich armen Konsumenten und Lesern gibt! (... und schlimmer noch: Vielleicht sind sie sogar eine Avantgarde - die Vorhut noch schlimmerer Zustände nämlich!)
Schon vor Jahren überlegte ich mir, gegen die Schwankungen des Buchgeschäfts noch ein zweites wirtschaftliches Standbein hochzuziehen. Vielleicht ist es jetzt Zeit dazu. Bevor die Piraten das Schiff entern, sollte man ins Beiboot flüchten ...

Zitate aus M. K.s Facebookseite und aus seinem alten Blog (das er etwa zu der Zeit einstellte, als die »Piraten« ihren ersten Frontalangriff auf das Urheberrecht veranstalteten):

»Alle Welt redet von Reformen des Urheberrechts? Wozu? Warum? Nur weil die technischen Gegebenheiten es verlangen? Oder Leute, die selbst nichts Produktives, Kreatives, Künstlerisches auf die Beine gestellt bekommen, aber möglichst schnell, möglichst viel, möglichst umsonst davon profitieren wollen, was andere erschaffen? Versteh ich nicht. Will ich auch gar nicht verstehen.
Oder mit anderen Worten: Setzt euch hin, ihr Reformer, schreibt über zwei oder drei Jahre hinweg ein Buch, mit Leidenschaft, mit Anstrengung, mit Leistung - und dann reden wir weiter, ob ihr diese Arbeit schon nach zehn Jahren für den Rest der Welt für lau zur Verfügung stellen wollt?« (Mai 2012, Blog, ebenso wie die drei nächsten Zitate; »Chronik des laufenden Wahnsinns« nannte er den Blog)

»Was glauben diese Idioten eigentlich? Dass sie mir vorschreiben können, wie und mit wem ich in Zukunft zusammenarbeite? Und dass sie mich, wenn ich mich mit sachlichen Argumenten (oder mit ein paar läppischen Fotos!) dagegen ausspreche, einfach zu Boden knüppeln? Ist das also die Freiheit im Netz, für die sie kämpfen?«  (Mai 2012)

»›Wir scheissen auf euer Urheberrecht. Wir scheissen auf eure Gesetze. Wir scheissen auf euer geistiges Eigentum. Wir scheissen auf eure Anwälte. Wir scheissen auf euer Copyright. Wir sind Filesharer! [...] Wir kämpfen einen Copyfight. Und wir gewinnen.‹ Noch Fragen?« (Mai 2012)

»Schauen wir mal, wie der festangestellte Herr Redakteur [des SPIEGEL, der die obige Forderung sympathisch oder zumindest diskutabel fand] seine Meinung ändern wird, wenn es erst einmal an sein eigenes Frühstück geht ...« (Mai 2012)

Aus der Facebookseite von Martin Krist, August 2013:

Die Geschäftsidee
Am 25. August erschien im Berliner "Tagesspiegel" ein Interview, das Kolja Mensing mit einem Mann führte, der sich hinter dem Pseudonym "Spiegelbest" verbirgt. Zusammen mit anderen, die ebenfalls anonym bleiben möchten, betreibt er die Website boox.to, die größte Website für kostenlose - und illegale! - Downloads von Büchern.
"Spiegelbest" äußert in diesem Interview einige Ansichten, die mich doch etwas befremden. Er zeigt vieles, nur eines nicht: Unrechtsbewusstsein. Tatsächlich sieht er in seiner Geschäftsidee wohl sogar die Zukunft: "Uns interessiert die Rechtsauffassung deutscher Verlage nicht. Wer im Netz Geschäfte machen will, spielt nach den Regeln des Netzes. Wir sehen uns als Anbieter am Markt, wie Amazon und der stationäre Buchhandel." Und weiter: "Die Verlage haben nicht erkannt, dass sie es nicht mit Ladendieben, sondern mit einer neuen Art Verlag zu tun haben. Wir sind ein gefährlicher Konkurrent. Wir 'verkaufen' unser Produkt für null Euro."
Nun ist die illegale Verbreitung von Kulturgut natürlich nichts Neues, aber das scheint mir doch einen neuen Höhepunkt der Dreistigkeit dazustellen. [...] Was "Spiegelbest" dabei taktvoll verschweigt, ist die Tatsache, dass er "sein" Produkt nur deshalb verschenken kann, weil er es vorher gestohlen hat - den Autoren, die viel Zeit und Arbeit investiert haben, die Geschichte zu schreiben, und den "richtigen" Verlagen, die viel Geld investiert haben, um sie zu veröffentlichen.
Noch mehr befremdet mich "Spiegelbests" Aussage, dass sie sich momentan überwiegend über Spenden finanzieren und die Spendenbereitschaft des Publikums enorm groß sei. Da frage ich mich doch, was für eine Geisteshaltung steckt dahinter, und was bewegt "das Publikum", einem Verbrecher und Dieb freiwillig Geld für ein Produkt zu geben, das sie beim rechtmäßigen Besitzer auch bekommen könnten, und zwar legal und mit dem guten Gefühl, dass man damit jemanden für seine ehrliche Arbeit auch ehrlich entlohnt hat?
Das Unrechtsbewusstsein ist, soweit es das Internet betrifft, ohnehin recht unterentwickelt, da man es gewöhnt ist, dass es dort mehr oder weniger alles umsonst gibt. Warum Geld für eine Tageszeitung ausgeben, wenn man sie gratis online lesen kann? Was dabei übersehen wird, ist die Tatsache, dass sich die Tageszeitung ihren Online-Auftritt nur leisten kann, weil sie gedruckte Exemplare verkauft. Funktioniert das nicht mehr, ist es auch um das Online-Angebot geschehen. [... und das gilt auch für die meisten Blogger, die meist Leute sind, die sich und ihren Lesern gegenseitig die Zeitung vorlesen, denn selbst recherchiert oder erlebt haben sie kaum etwas von dem, was sie schreiben - das gilt auch fürs MARTERPFAHL-Blog, und deshalb mißbillige ich das Schimpfen auf den professionellen Journalismus und dessen gewiß manchmal mäßige Qualität; würde er sich aber über Nacht in Luft auflösen, würden die meisten derer, die jetzt schimpfen, ganz schön greinen ...]


Und Autoren leben davon, dass sie Tantiemen für ihre verkauften Bücher bekommen. Verkaufen sie keine mehr, oder nicht genug, können sie nicht überleben. Auch ohne Leute wie "Spiegelbest" haben viele Schriftsteller (und Musiker) es heute schwer genug und leben nicht selten am Rande des Existenzminimums. Was den forschen Internetgeschäftsmann indessen wenig schert. Auf die Frage, wer denn Autoren und Lektoren bezahlen soll, wenn kein Geld mehr fließt, antwortet er: "Sie könnten mit derselben Berechtigung fragen, wovon Hufschmiede leben sollen, wenn Autos produziert werden."
Auch hier wird natürlich eines übersehen: Mit dem Niedergang der Pferdedroschken ging der Aufstieg des Automobils einher. Dem armen, arbeitslosen Hufschmied boten sich daher einige Alternativen: Er konnte umsatteln auf KFZ-Mechaniker, Chauffeur, Taxifahrer und damit seinen Lebensunterhalt verdienen. Welche Alternativen haben Autoren? Klar, sie können sich auch einen anderen Job suchen, aber wer schreibt dann die Bücher, die "Spiegelbest" als "sein" Produkt verschenkt?
Da mich das Problem die letzten zwei Tage wirklich sehr beschäftigt hat, habe ich heute Vormittag beim Bäcker meines Vertrauens auf die Frage, wie die Geschäfte laufen, geantwortet: "Mir bereitet Sorge, dass immer mehr Leute E-Books im Internet umsonst anbieten." Mein Bäcker nickte weise, meinte aber nach kurzem Nachdenken: "Aber für uns Leser wäre das doch eine feine Sache, Bücher für lau."
Kann man so sehen. Was mich persönlich angeht, hätte ich kein Problem damit, "für lau" zu schreiben oder die Bücher der Edition Phantasia zu verschenken. Dann möchte ich aber auch umsonst wohnen, meinen Strom, mein Gas, mein Wasser und mein Essen umsonst bekommen, ich möchte ein Auto umsonst, und natürlich den Gratis-Sprit dazu. usw. (Steuern würden sich dann ja von selbst erledigen.)
Wenn das Publikum nicht mehr bereit ist, für geistige Arbeit zu bezahlen, sollte sich die Politik vielleicht etwas einfallen lassen, wie man Künstler entlohnt, denn das Bedürfnis nach Unterhaltung ist und bleibt ja da. Aber davon abgesehen, dass Politiker sich in Wahlkampfzeiten gern mit beliebten Kulturträgern zeigen und ablichten lassen, scheint sie das Los der Künstler aber wenig zu interessieren.
Ich sage jedenfalls zu meinem Bäcker: "Vorschlag: Ich gebe dir ein Buch umsonst, du gibst mir mein Brot und meine Brötchen umsonst." Er sieht mich völlig entgeistert an. "Aber ... aber das geht doch nicht, ich muss meinen Ofen heizen, das Mehl kaufen, ich habe Kosten für das Brot, und Arbeit macht es auch. Das alles muss ich doch über den Verkauf finanzieren."
Eben.


Anderer Eintrag: 

Mag sein, dass sie in einigen Jahren 10 Millionen E-Books für lau "sharen" werden, aber ebenso sicher ist, dass es sich dabei dann nur noch um Schund handeln wird, weil kein Autor, Lektor, Redakteur, Layouter, Grafiker, Drucker und Verleger es sich ernsthaft wird leisten können, sich zwölf Monate oder länger Zeit für eine guten, komplex gestrickten Roman zu nehmen ... Ist es also das, was sie wollen?

Respektlos! Widerlich!


Soll ich diesen TAGESSPIEGEL-Artikel mitsamt dem Hinweis auf die Download-Seite überhaupt verlinken? Nein. Es reicht mir, daß bei flüchtigem Durchsehen zwei MARTERPFAHL-Titel dort herunterladbar sind, da muß ich nicht auch noch Reklame für dieses kriminelle Portal machen. Statt dessen noch ein Zitat aus den Kommentaren zu dieser Hehlerei:

Was mich als jemand, der sowohl Tonträger als auch Bücher veröffentlich hat, ankotzt, ist, dass solche Leute sich aufspielen und behaupten, sie wollen kostenfreie Sachen anbieten und insofern haben sie zwar auch recht, wenn sie sagen, dass die Reichweite dadurch viel größer wird.

Aber das Perfide ist, dass solche Leute dann Geld dafür nehmen (wollen), Illegales anzubieten. Dieses Geld wird dann nicht etwa dazu verwendet, um z. B. Lizenzen zu erwerben oder den Musikern/Autoren was zurückzuzahlen. Nein, das wird dann verwendet, um die eigene Infrastruktur auszuweiten.

Und das Allerschlimmste daran ist, dass ein Haufen Leute bereit sind, Geld für so was auszugeben, aber sie sind nicht bereit, sich ein Buch oder eine Platte zu kaufen. Ich kenne selbst Leute, die haben Premium-Accounts bei Rapidshare, Uploaded und was weiß ich und zahlen da nicht wenig Geld für. Aber sie sind nicht bereit, z. B. mein letztes Buch für nen Zehner direkt von mir - ihrem Freund - zu kaufen, um mich zu unterstützen. [... und dabei fühlen sie sich wahrscheinlich auch noch als großartige Robin Hoods :-( ]

Da möchte ich einfach nur vor solchen Leuten wie "Spiegelbest" auf den Boden spucken, um meiner Verachtung Ausdruck zu verleihen. Hypokrisie in Reinform!

Allerdings. Wenn ich so was lese, keimt bei mir der Haß, und ich wünsche mir eine Bombe mitten in die Wohnung dieser Leute, eine Bombe, die alle mühsam zusammengesammelten  Files und Raubdateien, die geliebten, zerstört ...

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