2.10.11

Flotter Herbstspaziergang, 25 km - der Schönbuchlauf

»Der Herbstklassiker im Schönbuch«, so nennt er sich, der in Hildrizhausen startende 25-km-Lauf durch den Naturpark Schönbuch. Seit 1974 findet er statt, und in der Turnhalle hängen bläulich hektographierte, blaßschriftige Blätter mit den Ergebnissen von 1974 an der Wand. Schön sei die Landschaft, heißt es in der Beschreibung auf www.schoenbuchlauf.de, aber wegen der Höhenunterschiede von 250 Metern könnten nur »ausreichend trainierte Läufer« diese Schönheiten auch würdigen, heißt es warnend. Grund genug, es langsam angehen zu lassen.
2007 hatte ich schon einmal teilgenommen. Damals fand dieser Lauf noch Ende Oktober statt. Im rekordwarmen Herbst 2006 wäre es wunderbar gewesen, nicht aber 2007. Am Tag vor dem Lauf besichtigte ich das Gelände - Freund Didi wollte mich ab km 16 begleiten, da ging der Lauf nahe seinem Wohnort über einen Golfplatz -, und schon da war zwar Sonnenschein, aber ein eisiger Ostwind, und über Nacht schlug das Wetter um, und am anderen Morgen war alles weiß. Der erste Schnee schon Ende Oktober! Es sollte fast der ganze Schnee eines insgesamt laschen Winters werden - aber er war nun mal da - und lästig. Da ich mich vorangemeldet hatte, widerstand ich der Versuchung, einfach im Bett zu bleiben, und ging hin - und joggte im Mantel durch den Naßschnee. 3:14 1/2 war das Ergebnis, und ich erreichte meinen Stammplatz: den vorletzten.
Aus dieser Wettermisere scheint man gelernt zu haben und verlegte den Termin vor: auf Anfang Oktober.
Und so brach ich morgens um 20 nach 7 auf. Obwohl die Bäckerei sonntags erst um 8 aufmacht, bekam ich schon einen Kaffee, während die Angestellte alles erst noch einräumte. - Weiter. Mit dem Auto. Fürs Motorrad war es noch allzu kühl; gerade erst brach eine blutrote aufgehende Sonne durch die Nebelschwaden.
Nachmeldung in Hildrizhausen: »Jetzt kommen die ganz Schnellen - mit Hut!« (ich hatte meinen Borsalino auf.)
Eine Stunde noch - Zeit, um sich unter der heißen Dusche zu aalen, belegte Brötchen zu essen und rumzulungern. Wenn ich diesen 25-km-Lauf in 3:33:33 schaffe,dann besteht Anlaß zur Hoffnung, den Frankfurt-Marathon in 5:55:55 zu schaffen.
9.30 Uhr: Der Startschuß. Ich lasse es ruhig angehen, und schon nach 500 Metern auf der Dorfstraße mahnt mich der Lenker des Abschluß-Polizeiautos, doch bitte auf dem Gehweg weiterzujoggen, damit die Straße für Autos wieder freigegeben werden könne. Nach einem Kilometer sehe ich die anderen noch aus der Ferne, dann tauche ich in den Wald ein und bin ganz alleine. (Abgesehen von gelegentlichen Mountainbikern.)
Goldener Oktober: Die Sonne wärmt jetzt, nur im Schatten ist es noch sehr kühl, die Bäume fangen gerade erst an, herbstlich bunt zu werden, es ist herrlich. Bei leichtem Gefälle laufe ich im Tal des kleinen oder großen Goldersbachs (in Tübingen-Lustnau mündet er in den Neckar, sorgt gelegentlich für Überschwemmungen und bekommt daher ein Rückhaltebecken quer über die Straße verpaßt - daher mußte ich an einer Bsustellenampel warten. Wie soll das eigentlich werden, wenn das Rückhaltebecken geflutet ist - ist dann die Straße unpassierbar?) bergab, es geht leicht und flott, aber dennoch brauche ich 77 Minuten, bis ich bei km 11 an der Teufelsbrücke bin, wo großer und kleiner Goldersbach sich vereinen und wo die erste »Wasserstelle« ist.
Von nun an geht es langsam, aber stetig bergauf, bergauf - aber nach 2:10 habe ich die zweite »Wasserstelle« vor km 16 erreicht, nahe der Bundesstraße Richtung Böblingen und nahe dem Schaichhof. Ich bin immer der letzte, und gelegentlich überholt mich ein Rotkreuzauto von den hinter mir geräumten »Aufpasserstellen« und fragt besorgt, ob ich nicht schon nahe dem Umfallen sei. Nein, bin ich nicht ...
Ab km 16 geht es angenehm flach weiter und quer über die mit Sträuchern und Teichen - manche mit Fontänen! - durchsetzen samtgrünen, kurzgeschorenen Rasenflächen des Golfplatzes. Ein Restaurant gibt's hier auch, das hatte ich 2007 ausprobiert.
Bei km 4 war mir ein Läufer entgegengekommen, der aufgab - wie 2007. 2007 hatte ich auf dem Golfplatzgelände auf einmal den vorletzten vor mir, kämpfte mich Meter um Meter an ihn ran und überholte ihn schließlich, wurde selber vorletzter ... Auch diesmal war hier auf einmal ein Jogger mit Hund vor mir, aber zu schnell für mich und anscheinend kein Teilnehmer des Schönbuchlaufs.
Bergauf ging es jetzt wieder. Vor km 21 die letzte Wasserstelle. Nach 2:55 passierte ich die Halbmarathonmarke, und nach 3:14, meiner Zielzeit von 2007, war ich noch rund 4 Stadionrunden, 1600 Meter, vom Ziel entfernt.
Raus aus dem Wald, das Dorf kommt in Sicht, es geht abwärts, das Ziel kommt näher ...
3:26:54 wurden es schließlich, mit 24 Minuten Abstand auf den vorletzten - nun ja, man kann nicht alles haben, aber immerhin war ich 6 1/2 Minuten schneller als geplant! Aber jetzt noch weitere 42 Stadionrunden bis zur Vollmarathon-Distanz? Und heißt es nicht, wenn die Generalprobe geglückt sei, mißrate die Premiere? Egal - nicht drüber nachgrübeln und einfach drauflosjoggen! Erstaunlich auch meine Zeit: Auf der Fünfkilometerstrecke bin ich momentan 7 Minuten langsamer als 2007 (31 1/2 Minuten statt 24 1/2 Minuten), aber dennoch war ich auf 25 km nur ein Dutzend Minuten langsamer? Das zeigt wieder, wie wichtig es ist, es ruhig angehen zu lassen, sich nicht vorzeitig zu verausgaben.
Als ich mit einem Weizenbier in der Halle auf einem Stuhl zusammensank, kündete der Moderator gerade begeistert die Siegerehrung an. Die bisherigen Streckenrekorde seien durch den heutigen, neuen geradezu pulverisiert worden, verkündete er. Und durch welchen Wunderknaben? Durch einen Schwarzafrikaner natürlich. In unglaublichen 1:19 schaffte er es (was wohl einer Marathonzeit von 2:20 entspricht), danach kam über ein Dutzend Minuten lang gar nichts und dann nach 1:32 der erste deutsche Läufer ...
»Wir kommen nun zur Siegerehrung der Senioren über 30« - oh Gott, und was bin ich dann? Ein Grufti?
Gazellenartige, superschlanke Frauen wurden geehrt - und der älteste Teilnehmer, ein 77jähriger, der die Strecke in 2:52 schaffte.
Bloß weg hier, bevor ich mich noch älter fühle! Die Duschen spendeten nur noch lauwarmes Wasser - kein Wunder, wenn der Putztrupp schon alle Duschen auf Dauerfeuer gestellt hat, daß es tost wie ein kleiner Orkan ...
Mit dem Auto über die hübsche, aussichtsreiche Strecke nach Herrenberg. Jetzt wäre Motorradfahren schön gewesen - aber es waren schon genug Leute mit dem Mopped unterwegs, viele davon riskant.
Aufs Golfrestaurant hatte ich keine Lust mehr. Einfach nur abhängen bei Bier und Souvlaki im »Picknick« in Dußlingen - und dann nach Hause fahren und diese Zeilen hier schreiben *zischweiterebierflascheöffne* :-)

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