13.7.11

Tropensturm in Tübingen

Meine joggende Kneipenerkundung Tübingens geht weiter. Ich entdecke nicht nur neue Kneipen, sondern auch Fuß- und Radwege, die ich noch nicht kannte - für mich ganz neue Stadtein- und -ansichten. Bei brütender Hitze erreichte ich schweißüberströmt die »Afrika-Bar«, in der es Straußen-Steak und Antilopeneintopf gibt - allerdings nur abends. Mittags bekam ich einen Teigfladen mit einer scharfen Soße, die mir noch mehr den Schweiß 'raustrieb. Schnell mit zwei Radlern auffüllen und die drei Kilometer zum Fitneßstudio auf anderer Route zurückjoggen ...
Ich joggte am herrlichen »Casino«-Biergarten am Zusammenfluß von Neckar und Steinlach vorbei, und eine Tour führte mich in die Weststadt: Die winzige Eckkneipe »Krokodil« hatte leider gerade zu, aber im »Pavillon« 400 Meter weiter gab's kühlendes und durststillendes Bier, so daß ich das Ausprobieren der gewiß kräftigenden »Pizza Popeye« mit Ei und Spinat auf ein andermal verschob ...
Eines Sonntags lief ich durch die Südstadt und durch Derendingen, vorbei am Lokal »Louis«, das ebenso wie »Ricci's Bistro« gleich daneben von den benachbarten Industriewerken lebt und daher am Sonntag zu ist und so tot wie die ganze Umgebung, und weiter bis zum »Reefs« nahe dem Freibad, das nicht nur zartes »Carpaccio vom Bison« bietet, sondern auch Steaks von über 400 Gramm sowie »Public Viewing und super Sommermärchen-Stimmung während der Frauenfußball-WM« (so ähnlich das »Schwäbische Tagblatt« vor Wochen).
Ab dieser Woche richte ich mich nun nach dem Marathon-Trainingsplan eines Ratgebers in Buchform, und der sah für Dienstag (gestern) »50 Minuten lockeren Dauerlauf mit einem Schlußspurt« vor. Also war ich um 18.50 Uhr in der Tübinger Parkgaststätte am Tübinger Hauptbahnhof, obwohl der dienstägliche Stammtisch »Unser Huhn« erst um 20 Uhr beginnt, zog auf dem Klo meine Joggingklamotten an und lief los, durch den Stadtpark, am Freibad vorbei ... Mist, hier komme ich nicht ans Neckarufer - also zurück! Mein Irrtum kostete mich fünf bis zehn Minuten.
Rüber über den Neckar und an seinem Nordufer flußaufwärts joggen, am Fuße des Spitzberg-Südhangs. Fußweg am Neckarufer. Rappenberghalde. Eine sonnige Lage mit stellenweise mediterraner Vegetation, Neubauten im Bauhausstil neben 20er-Jahre-Häusern. Eine ruhige und gewiß teure Lage im ohnehin schon teuren Tübingen.
Mein Hemd klebt mir am Körper, die Luft ist dick wie in einem tropischen Treibhaus, man kann kaum atmen, so schwülheiß und windstill ist's. Etliche Radler sind unterwegs und auch ein paar andere Jogger.
Raus aus Tübingen und weiter den Fluß entlang. Im Westen braut es sich pechschwarz am Himmel zusammen, erster Donner grollt.
Ich erreiche die Landstraße Tübingen-Hirschau, überquere den Neckar, jogge auf der anderen, der südlichen Flußseite zurück. Während das Donnergrollen sich verstärkt, lege ich beim Freibad einen Schlußspurt ein und betrete es in dem Moment, als der Bademeister angesichts der ersten Blitze die Badegäste aus dem Wasser treibt.
Der Duschraum ist heiß und feucht wie eine Sauna nach zehn Aufgüssen. Nur das Duschwasser auf Kalt bis Lau zu stellen bewahrt mich vor einem Hitzekollaps, so empfinde ich es.
Wieder zurück im Umkleideraum. Da ich kein Handtuch dabeihabe, muß ich mich mit dem Fön trocknen; das dauert einige Minuten länger. Als ich wieder fertig angezogen bin, bricht das Unwetter los: Orkanartige Böen und sintflutartiger Regen. Ich betrachte es mit anderen Badbesuchern zusammen, geschützt unterm Vordach an der Umkleide und den Duschen stehend. So ähnlich muß es gewesen sein, als vor einigen Jahren eine Windhose einen großen Sonnenschirm hier im Bad auf Nimmerwiedersehen entführte. Ich sag's ja immer: Eine Windjacke ist besser als eine Windhose, dachte ich.
20 Minuten später tröpfelt es nur noch. Ich mache mich auf den Weg zur Parkgaststätte, wo meine Freunde schon seit 20 Minuten warten - falls sie nicht auch verspätet sind.
Draußen vor dem Bad erwartet mich ein Bild der Verwüstung: Herabgerissene zwei Meter lange Äste in rauhen Mengen, halbe Bäume gar, machen die Fußweg-Allee durch die Parkanlagen zu einem Slalomlauf. Auf der kreuzenden Alleenbrücke, einer Straße mit Autoverkehr, regelt eine Polizistin den Verkehr, während ihre Kollegen sich um ein von einem umgestürzten Baum plattgedrücktes Auto kümmern. Wäre ich nicht zweimal ein paar Minuten lang aufgehalten worden, wäre ich vielleicht gerade während des Sturms auf der Allee unterwegs gewesen ...
In der Parkgaststätte auf dem Klo wieder Zivilklamotten anziehen - ein netter Abend mit meinen Freunden folgte. Ein Stammtischbesucher aus Rottenburg meldete sich per SMS: Er sitze im abfahrbereiten Zug, der aber schon seit einer Stunde nicht abfahre - auf die Strecke gestürzter Bäume wegen.
Im »Reefs«, so ein Kellner der Parkgaststätte, seien teure Sonnenschirme, da trotz Unwetterwarnungen nicht rechtzeitig eingeklappt, verwüstet worden, und auch der öffentliche »Public Viewing«-Bildschirm sei im Eimer. Aber den hätte man eigentlich schon nach dem Ausscheiden der deutschen Damen gegen Japan am Sonntagabend wegräumen können.
Gegen 22 Uhr setzte ich mich wieder auf meine Harley, um im erneut einsetzenden leichten Regen heimzufahren. Es gewitterte so mächtig aus allen Richtungen, daß ich froh war, in Nehren anzukommen, und entgegen meine sonstige Angewohnheit das Motorrad in die Garage fuhr.
In Nehren allerdings schien nicht viel los gewesen zu sein, nur ein gewöhnlicher Gewitterschauer, im Gegensatz zu einem heftigen Gewitterguß einige Tage zuvor (scheint sich momentan zu häufen - Zufall? Klimawandel?) waren alle Ästchen und Zweiglein noch an ihrem Platz, obwohl doch, so ein boshafter Stammtischbesucher, »mein Garten ein Stutzen der Bäume nötiger hätte als andere«. Haha.
Heute berichtet das Schwäbische Tagblatt über die Unwetter, die tatsächlich vor allem in Tübingen wüteten.

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Donald und Kamala, die Lovestory :-)

Sind sie nicht süß? Und Klein-Donald erst, der aus dem Bauch herauskommt! So, jetzt muß ich mal gucken, wie ich das aus FB 'runterkrieg...