11.6.11

»Hannesle« - der D-Zug im Dußlinger Wald - Pfingstgrüße

Ein bißchen spießig benamst ist er ja schon, der Dußlinger »Hannesle-Lauf«: nach einem »Hannesle«, das sich sein Erbe vorzeitig auszahlen ließ, um in die große, weite Welt hinauszuziehen, dort aber mit Wein, Weib und Gesang alles verpraßte und reumütig nach Dußlingen zurückkehrte und sich und der Welt schwor, in Zukunft bodenständig zu bleiben und nur noch rund um Dußlingen aktiv zu werden ...
Anstrengend genug ist das ja. 140 Höhenmeter rauf und runter geht die Zehnkilometerstrecke des »Hannesle-Laufs« durch den Dußlinger Wald - wenn ich schon für die flache Zehnkilometerstrecke derzeit über 60 Minuten brauche, dann für eine so bergige gewiß über 70 Minuten ...
Den Trainingslauf letzten Samstag, vor genau einer Woche, hatte ich ausgelassen. Es war einfach zu schwülwarm. Es reichte mir zu wissen, daß ich die Strecke von meinem Nehrener Haus bergab zweieinhalb Kilometer weit ins »Picknick«, Dußlingens Kneipe am südlichen Ortsausgang, in einer Viertelstunde zurücklegen konnte - um dann ungehemmt von Führerscheinbedenken zu saufen ... (Und der Heimweg im Dunklen war ein herrlicher Sommernachtsspaziergang, mit zirpenden Grillen und lauer Luft).
Heute mittag wanderte ich zum ersten Mal über jene kühn geschwungene Fußgänger-und-Radler-Brücke, die an der demnächst vierspurigen B 27 das Fortkommen der Langsamen über den geplanten »Nehrener Knoten« sichern soll.
Einen Kilometer weiter Nachmeldung im Festzelt (es laufen neben dem »Hauptlauf« noch etliche andere Veranstaltungen).
Startschuß um 14 Uhr. Ich lasse das Feld an mir vorbeiziehen, und schon während ich Dußlingens Dorfkerngassen bergauf durchjogge, werde ich zum Letzten des Felds, mit dem Schlußradler direkt hinter mir.
Weiter aufwärts durch die Wiesen, Richtung Wald, immer schön gemütlich - denn wenn ich mich jetzt verausgabe, dann rächt sich das später.
Kurz vor Kilometer 3 kommen mir schon die ersten entgegen, die kurz vor Kilometer 7 sind, mit mehr als 15 km/h ... Ob es denen gelingen wird, den Streckenrekord von 34:xx für Männer und 39:xx für Frauen zu brechen? Der Sponsor wäre froh, seine dafür ausgelobte 100-Euro-Spende an den Mann bzw. die Frau bringen zu können - immerhin leisteten die Veranstalter Vorarbeit: »Durch Verlegung des Starts ist der Lauf heuer 100 Meter kürzer.« So kann man das natürlich auch machen ...
Durch den Wald ging es jetzt; außer einem über 75jährigen Mann rund 200 Meter vor mir sehe ich niemanden mehr. Schwätzchen mit dem Schlußradler. Schlußradler: »Die Volksläufe werden immer schneller; früher lief man da oft in Gruppen, Hauptsache ankommen. Das ist jetzt vorbei.« Ich: »Ich habe generell den Eindruck, die ›kleinen‹ Marathonläufe und Volksläufe sind was für die Könner, die langsamen Amateure sollten eher zu Riesenveranstaltungen wie dem Berlin-Marathon gehen, da sind sie unter anderen Langsamen nicht ganz so allein. Überhaupt scheint das Laufen als Volkssport seinen Zenit überschritten zu haben, und übrig bleiben jetzt die Könner.«
Vor Kilometer 6 noch ein knackiger Anstieg, dann ging es nur noch bergab. Hatte ich für die ersten 6 Kilometer über 45 Minuten gebraucht, ging es jetzt immer schneller, und nach herrlichen Ausblicken auf die Alb auf freiem Feld konnte ich im Steinlachtal bald dem Ziel näherkommen.
»Applaus für den Schlußläufer, Rüdiger Happ vom Club Zatopek!«
Gut 72 Minuten hatte ich gebraucht. »Club Zatopek« gab ich immer an, den Namen einer längst nicht mehr existierenden Kneipe in Tübingen. Immerhin: Im schnaufenden, unschönen Laufstil war ich Zatopek gewiß nicht unähnlich, und das bei halbem Tempo ...
Die Duschen waren 700 Meter entfernt - mehr interessierte mich der Weg ins »Picknick« auf der anderen Seite der B 27. Seitdem Dußlingens B 27 vierspurig wird und in einem Tunnel unter Dußingen hinweggeführt werden soll, ist Dußlingen durch die Baustelle fast schlimmer in Ost und West geteilt als einst Berlin. (Wir berichteten vor Monaten.)
Endlich gelang es mir doch noch, mich durch die Baustelle zu schlängeln und ins »Picknick« zu gelangen, zu erfrischendem Jever und Wurstsalat. Der griechische Wirt ließ einen Ouzo springen. »Sie sind doch zu Fuß da und haben an dem Lauf teilgenommen?«
Ja, klar, dachte und sagte ich und prostete dem Wirt zu, wankte über Wiesenwege nach Hause, mähte noch den Rasen zu Ende (heute vormittag war's wegen eines defekten Kabels liegengeblieben), schrieb diesen Artikel und werde jetzt demnächst schlafen gehen ...
(Ja, der Streckenrekord wurde gebrochen, lese ich hier im Internet, und die Hälfte der Läufer war schon nach gut 45 Minuten im Ziel - für mich ein Wunder auf dieser bergigen Strecke. Nur eine Handvoll Läufer hatte mehr als eine Stunde gebraucht.)
Frohe Pfingsten, verehrte Leser!

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