18.5.24

»Ist das Kunst, oder kann das weg?« Tübingen, Palmer, Papst und Pfingsten - eine launige Ausgießung des unheiligen Geistes


"Tübingen ist ein Gedicht!" würde OB Palmer wohl am liebsten schwärmen und zierte soeben (13.5.) seine Facebookseite mit einem selbstgemachten Foto: Blick zwischen zwei Kastanien hindurch über den neugemachten, komplett umgekrempelten Europaplatz auf den Hauptbahnhof zu. Daß dabei solch hübsche Graffiti in der jetzt verfüllten Unterführung weichen mußten, in den Dreck getreten - wen kümmert's? Palmer bestimmt nicht. (Zugegeben: Nicht alle Graffiti sind so hübsch.) 


"Alois, wir werden dich nie vergessen!" sprühte jemand auf die ehemalige Mensa Prinz Karl, wo dieser Herr - wie hieß er doch gleich? - einst wohnte. - Und wir werden dich nicht vergessen, Palmerchen - dich und deine Taten und Untaten, die Selbstbeweihräucherung ... Von der Wiederherstellung alter Sichtachsen schwärmt er beim alten Europaplatz, aber hier: 


... wurde die Sicht auf die Bäume irgendwann in den 80ern einfach von öden neuen Geschäftsetagen zugebaut (gegenüber von Hauptpost und Busbahnhof); der Waldhorn-Grill, damaliger Sitz des wahrhaft wirtschaftsfreundlichen Stammtischs Unser Huhn, mußte weichen. Dabei umfaßte der Stammtisch etliche Mitglieder, die ihrerseits noch mehr Biergläser umfaßten und den Inhalt in sich hineinschütteten, das Kneipensterben in Deutschland jahrelang aufhaltend. Endlich gelang dem eine Zeitlang heimatlosen Stammtisch der Umzug in die Papstgaststätte mit ihrem quasi göttlichen Vorbild, dem Stellvertreter Gottes auf Erden: 


Der Papst beim Bier (Tuepedia). Näheres s. v. "Papstgaststätte".






 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alle päpstlichen Ermahnungen und Drohungen und Stammtischproteste halfen nichts - Palmer machte die Park-/Papstgaststätte einfach platt. "Nun ist sie weg", resümierte er anschließend lapidar auf Facebook. (Bild: Ein Freund des Kneipen-Papsts Silvester, der hier - leider vergeblich - im September 2020 gegen den demnächst anrollenden Abrißbagger protestierte.)  ("Warum steht dein Gewand so weit vom Körper ab?" fragte ein Bekannter beim Anblick dieses Bildes. "Hast du dir vorgestellt, deine Widersacher zu züchtigen?" So wird es wohl gewesen sein ...) An Palmers Ungezogenheit scheitern leider alle probaten Gegenmittel ...- Schade, daß aus dem Vorschlag des Stammtischs "Unser Huhn" nichts wurde, nämlich die Papstgaststätte in eine exterritoriale Außenstelle des Vatikanstaats zu verwandeln. Die Piusbrüder hätten im Keller einen Darkroom für Exerzitien einrichten können mit Andreaskreuzen ... 

Ginger & Fred Café und Kultur

Ganz am Rand wird's noch geduldet, das alte, noch nicht autofeindliche, von geldgierigen Knöllchenf*tzen überschwemmte Tübingen - im Westen bei der Schlaraffia, im Nordosten im Café Ginger und Fred (Bild). Da kann man wie in Omas Wohnzimmer bei einem Kapuziner - wie ein Mönch, aus der Papstgaststätte vertrieben - die Beine von sich strecken und den jungen Hüpfern zuschauen ... Manche 90jährigen Ballettmeister sitzen im Sessel und kommandieren mit dem Krückstock und mit französischen Worten: "Demi plié! Relevé! Frikassé! Penché en avant!" - "Was heißt das?" - "Vornübergebeugt!" - "Warum?" - "Um wegen mangelnder Leistung den Arsch vollzukriegen ..."  

Das "tanzende Haus" in Prag enthält auch ein Café "Ginger und Fred": 

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/41/Dancing_House_in_Prague%2C_at_night.jpg/180px-Dancing_House_in_Prague%2C_at_night.jpg?uselang=de

Die Papstgaststätte leuchtete in der Tübinger Nacht: 


Ein leuchtendes Juwel! Eine Sehenswürdigkeit! Zumindest eine der besten Suffkneipen in Tübingen. Plattgemacht von Palmer im Herbst 2020. Hier noch zu haben; "Lesealter: Ab 1." Das paßt zu meiner Beobachtung von neulich, daß bis 1956 in französischen Schulkantinen Bier, Wein und Cidre erlaubt waren; noch früher stopften schwäbische Bauern-Eltern ihren unruhigen Stöpseln das Mäulchen mit einem "Schlotzer", einem in Most getränkten breiten Schnuller ... und sie schlummerten selig, statt zu krakehlen ...

Dabei sollte das Geistige doch in Tübingen seine Tübingen eine Heimstatt haben. Aber nur ganz am Rande, in einem Nebenzimmer des Weilheimer Sportheims am Rammertrand, fand die "Gesellschaft Schlaraffia" eine Heimstatt ihres Tübinger "Reychs"; ihre Töchter nennen sie "Burgfräuleins", ihre Schwiegermutter "Burgschreck", und ihr Motto lautet "IN ARTE VOLUPTAS" ("In der Kunst liegt das Vergnügen / die Wollust" (der Fluchtweg wird auch gleich gewiesen ...)).

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/1/18/Sachsen%2C_G%C3%B6rlitz%2C_GLAM_on_Tour_%282018%29_im_Senckenberg_Museum_f%C3%BCr_Naturkunde_NIK_5401.jpg/320px-Sachsen%2C_G%C3%B6rlitz%2C_GLAM_on_Tour_%282018%29_im_Senckenberg_Museum_f%C3%BCr_Naturkunde_NIK_5401.jpg

Motto der Schlaraffia, hier in Görlitz, Sachsen (Bild: WP). Auch im Herzen Tübingens gab's vereinzelt die Vermählung von Geistigem und künstlerischem Geist: 

Die Kneipe "La Bohème" in der Nauklerstraße, die ihren Geist schon vor einigen Jahren aushauchte. Später dann - in derselben Straße, vielleicht 200 Meter entfernt - wurde die Mensa Wilhelmstraße "saniert", wie heute üblich, millionenteuer, wegen irrsinnig hoher Umweltauflagen - die Palmer größtenteils gut findet, denn das Weltklima soll ja am deutschen Bauwesen genesen. "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen" - das hat vor 120 Jahren schon nicht funktioniert und wird jetzt wieder scheitern - und uns arm machen. (Bild: Netzfund). Bei der "Sanierung" der Mensa ging leider der studentisch selbstverwaltete Bierkeller in die Binsen. Typisch. 

Bauvorhaben dauern, wie heute leider üblich in Deutschland, ewig lange. Unten: Die den Baufortschritt beim Sudhausumbau beobachtende Webcam wurde am 6.9.'19 gnädig von einem Spinnennetz zugedeckt. Sie hätte eh' nur einen stagnierenden Bau"fortschritt" gezeigt.

Kürzlich schrieb ich, daß die Mannen von Raumschiff Enterprise im Schlafanzug das Weltall erforschten und daß der Playboy-Herausgeber Hugh Hefner in seinen späteren Jahren meist ganztägig im Bademantel 'rumschlunzte, optimal für den "Nahkampf" mit seinen Bunnies. Vielleicht empfing der Verleger Cotta ja seinen Starautor Goethe in der Münzgasse bei der Stiftskirche ja auch so leger: 

(Bild: Tuepedia; ein Stammtischler von "Unser Huhn" schlüpfte in diese Rolle)

Da ist noch einiges drin, z. B. in der mannsgroßen steinernen Supermöse oben bei den Kliniken:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/a/ac/Skulptur_tuebingen_vulva.jpg/320px-Skulptur_tuebingen_vulva.jpg

Beispielsweise ein vorwitziger Ami-Student, der da reingeklettert war in den "Ursprung der Welt", wie Gustave Courbet sein Mösenbild genannt hatte, und erst mit viel Gleitmittel wieder 'rausflutschte. "Es ist ein Junge!" frohlockte eine Zeitung ironisch. 


Als ich 2016 von einer kurzen Reise zurück nach Tübingen kam, sah ich etliche Leute, die mit Bier und Luftmatratzen zum Neckar strebten - zur "Luma-Bier-Party". Spontanorgie. Fast. Leider besaß ich mein knallrotes Gummiboot nimmer, das ich einst für 10 € im Picksraus gekauft hatte ... Auf dem Bild hat einer sogar seine aufblasbare Bumspuppe bei sich. 2017 würgten Palmer & Co. die zweite Auflage dieser Fete ab ...  

... und solche Labertüten wie diese hier ersticken alles: 

Passt nicht

Überkleber "VERBOTE VERBIETEN! Partei der Vernunft EU-Wahl 9.6.'24" - coole Aktion! (Bild: Tagblatt) 

Noch im Februar 2022, als alle anderen froh waren, daß es endlich zu Ende ging, drohte Palmer impfunwilligen Rentnern mit Rentensperren und vierstelligen Bußgeldern (da war's ein Glück, daß er national nix zu sagen hat), und das zweistellige -88 auf Autokennzeichen ließ ihn ausrasten, weil er darin Neonazi-Umtriebe witterte ... 

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... dabei erinnert mein Kennzeichen auf -88 nur daran, daß ich im 1988 gegründeten Flagellantenverein "Forum 88" einst nette Gleichgesinnte fand - völlig unpolitisch ... oder ist ein Arschvoll jetzt voll Nazi?

Nicht mehr existent ist seit zwei, drei Monaten das Arsenal-Kino, das wohl älteste Programmkino Deutschlands. 


Kneipe und Kino. Ein Bierchen und ein Filmchen. Manchmal sogar ein Sektchen. Wie ich anläßlich der Arsenal-Schließung im Februar, nach rund 50 Jahren Betrieb, erst erfuhr, wurde jahrelang sonntags der angebliche französische "Kultfilm" DIVA ("Göttin", hier des Gesangs - nie gehört) von etwa 1980 gezeigt, und anschließend gab's Schampus und Butterbrezel. Palmer war bei der letzten Vorführung Ende Februar dabei und schwelgte auf Facebook in Nostalgie, unterschlug aber seinen Anteil am Untergang des Arsenals. Kostenexplosion und Vorschriftenexplosion. Mit mehr Unterstützung von Kommune und OB hätte der Laden gewiß gerettet werden können. 

Apropos DIVA: 


 

 

 

 




 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Der ewige Regenmantel" in der Bursagasse (Bild: Tuepedia), leider auch nur für wenige Jahre. Kurze Ewigkeit. Ein, zwei Dutzend Meter vom Frauenbuchladen entfernt - der Männern das Betreten untersagte. Führen die auch Literatur für Dominas? - An die Stelle der Topfpflanze müßte man sich Madames Subbie denken. Ich hatte sogar mal eine dabei, am Neckartor (ca. 2004): 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

"Hände auf den Rücken!" hätte sie am liebsten kommandiert und die Handschellen klicken lassen - sollte man mit Palmer bei einem Spaziergang durch Tübingen auch mal machen - doch ich mußte ja den Rucksack tragen, wo noch andere liebliche Dinge drin waren ... - Immerhin hätte man bei Gahn (gegenüber) noch fesche Stiefel für sie kaufen können. Jetzt ist das Gahn-Haus am Neckartor abgerissen. Fand Palmer auch gut. - Als sie hörte, daß Männer nicht in den Frauenbuchladen 'reindürfen, war sie kaum davon abzuhalten, mit mir an der Leine da 'reinzustürmen und über die männerfeindliche Einlaßpolitik zu meckern ... (Stilvoll wäre gewesen: Hände auf den Rücken, Subbie vor dem Laden anbinden - "Wir müssen leider draußen bleiben" - drinnen Femdom-Eheführungsbücher kaufen, ab in den Rucksack damit - und weiter ... Die Füße küssen ließ sie sich erst auf dem belebten Holzmarkt.) Als ich ihr vor Monaten einen Kalender mit u. a. diesem Bild schickte, kam die Sendung zurück mit dem Vermerk: "Empfängerin soll gestorben sein". Sic transit gloria mundi ... 

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/cc/Bild_im_Treppenabgang_im_Hills_Burger_Club_in_T%C3%BCbingen.jpg/360px-Bild_im_Treppenabgang_im_Hills_Burger_Club_in_T%C3%BCbingen.jpg?uselang=qqx

Bild: Hills Burger Club in der Burgsteige, Wikipedia (wenn ich das Gemälde in voller Pracht - 4,66 MB - von meiner Festplatte aus mit dem Windows Bildergucker ansehen will, meckert der regelmäßig "zuwenig Arbeitsspeicher", während er doppelt so große Bilder anstandslos zeigt).

Da ist noch jede Menge Potential drin ... aber bei Palmer wohl eher nicht ... Der Typ zählt wohl auch Dollars, nicht Teuros ... 

Dieses Posting wird am Pfingstsamstag um 9 Uhr erscheinen - gerade recht für den zweiten Kapuziner :-) - frohe Pfingsten und auf ein Wiedersehen in (fast) alter Frische! Und falls ihr mal was schreiben wollt: (Der Briefkasten stand auf dem Fundament eines abgerissenen kleinen Kiosks am Neckartor, nur wenige Meter von der Stelle entfernt, wo meine "Braut" mit mir an der Leine stand (das Bild oben)).


 

 

 

 

 

 

 

 

 

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