6.3.19

Fasnet für Kuttenbrunzer - und SMer

So - nun ist diese Story auch abgelehnt worden von der SZ - aber hier bleibt sie natürlich:


»Kritik oder Inspiration?« Oder Provokation? Gedanken und Erlebnisse an einem verregneten Faschingsdienstag

Geschichtchen, wie sie das Leben schreibt

Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen, das wußte schon der olle Goethe. Inspiriert fühlen sich offenbar viele abendländische Männer. »So was kommt häufig vor«, berichtete mir eine Domina aus einem Stuttgarter Vorort. »Dominante Männer kleiden ihre devoten Ehefrauen in so was, fesseln sie ans Bett und nehmen sie ordentlich ran.«

Unangenehm berührt fühlen sich die politisch korrekten Vertreter einer Hamburger Kita: »Zum Karneval ist im Rheinland längst eine Debatte über politisch korrekte Kostüme entbrannt – und die schwappt jetzt auch nach Hamburg. In einer Elbkinder-Kita sind zum Fasching unter anderem Indianer-Kostüme verboten worden, berichtet die MORGENPOST.« (https://www.mopo.de/hamburg/politisch-korrekter-fasching-hamburger-kita-verbietet-indianer-kostueme--32163248)
Verboten wird demnach alles, was Klischees bedient, vor allem solche in puncto »Geschlecht, Hautfarbe und Kultur. So waren explizit auch Scheich-Verkleidungen verboten.(…) Auch dass sich Mädchen als Prinzessin und Jungs als Piraten verkleiden, wird kritisiert. Mädchen als Piratinnen und Jungs als Meerjungmänner finden die Autoren dagegen super – weil nicht ›geschlechtsstereotyp‹.«


Na, das ist ja prima. Da kann ich mich als Mann ja ungeniert in eine Kutte werfen, die einer saudischen Straßenbauarbeiterin würdig wäre:
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Orangener Regenschirm noch dazu, dann sieht's – ohne Niqab – fast aus wie ein buddhistischer Mönch.

Der Schirm erwies sich als wahrlich nötig, denn das Wetter war ziemlich übel. Vorbei das Vorfrühlingswetter, das bis zum »Schmutzigen Donnerstag«, der Weiberfasnet, auch passend für so'n Outfit, geherrscht hatte. Bis zum Dauschdeg war's erfreulich – doch danach höchst greulich!

Nachts zum rasend' Montag hatt' der Sturm volle Mülltonnen umgeworfen und ihren Inhalt teilverstreut, am Fasnetsdienstag herrschte naßkaltes Pißwetter über König Karneval. So wandelte ich als wohlbeschirmte orangene Stoffsäule durchs Dorf zu unserem Bahnhöfchen. Das Zügle hatt' fünf Minuten Verspätung, man ist ja schon dankbar, daß es nicht zehn sind, und endlich konnt' ich mich in die Polster sinken lassen und nach meiner leuchtend gelben Stofftasche mit dem identitären Lambda-Logo greifen, einem Geschenk von Bekannten. Identität ist immer gut – fragt sich nur, welche …

Ich zog den PLAYBOY aus der Tüte und vergrub mich hinter ihm, und im Handumdrehen hatten wir Tübingen erreicht. Durch die nassen Straßen schob ich mich bis zum LTT, dem Landestheater Tübingen. »Leichter, atmungsaktiver Stoff« hatte es in der Reklame geheißen. Nun ja … (Orange ist inzwischen nimmer lieferbar; dafür gibt’s andere muslimische Fummel sogar mit 50-Prozent-Rabatt zum Weltfrauentag.)

Halbrechts abbiegen. In der Ferne sah ich schon das Feuer am Sternplatz brennen, das Feuer der angekündigten »Fasnetsverbrennung«. Minuten später war ich da.

Um 1980 war der Sternplatz der einzige Kreisverkehr weit und breit, alle Fahrschüler kamen hierher, um zu üben, so sehr vom Aussterben bedroht waren Kreisverkehre damals, heute ist er ein halb verkehrsberuhigter Platz mit vielen Bäumen – und heute mit einem großen Feuer in der Mitte und mit Buden drumherum.

Doch das nasse Wetter verlockte nicht zum Draußenbleiben, auch nicht beschirmt. Also rein in den »Pausenhof« (früher »Meniskus«, »Laden« und und und …), eine Kneipe mit dem Charme des Einrichtungshauses Sperrmüll. Schließlich ist Immer dienstags das Motto des Journalisten- und Literatenstammtischs Unser Huhn. Aus der »Papstgaststätte«, als »Parkgaststätte« in den 60er Jahren Refugium des Theologie-Profs Ratzinger vor dem 68er Zeitgeist, war er schon vertrieben worden – deren Abriß rückte näher, nur noch wochenends war sie zu Veranstaltungen geöffnet.

Ich setzte mich draußen im Nassen vor den »Pausenhof«, führte Handy-Telefonate. Jemand fragte mich von der Seite: »Soll das Kritik sein oder Inspiration?«
Hmm … Inspiration zu neuen Stories und Szenarios gewiß; für SMig getönte Szenarios ist die muslimische Welt immer eine Fundgrube, und die Kritik packen wir für heute mal beiseite …
»In erster Linie Spaß und Fasnet!«

Drinnen das Häuflein der Stammtischler, geschrumpft durch die Jahre und momentan durch Erkältungen – aber fest entschlossen, am Tresen festzuwachsen.

»Werden die intravenös ernährt?« fragt das Söhnchen des Filmhelden, eines Arztes, in dem Hitchcockfilm Der Mann, der zuviel wußte, 1956 beim Anblick vollverschleierter Marokkanerinnen. Nein – aber ein Trinkhalm statt eines Infusionsschlauchs ist durchaus von Nutzen; wie gut, daß ich vorsorglich welche mitgebracht hatte … Also her mit Bier und Most …

»Alkohol durch 'nen Trinkhalm wirkt besonders intensiv«, meinte der Stammi-Dienstälteste. Ging aber eigentlich. Ging sogar beim Gang zum … äh, ja, Männer- oder Weiberörtchen? Ersteres. »Kuttenbrunzer« nennt man hierzulande die Mönche, und die machen das im Kleidchen ja auch so. Bißchen reffen, und panta rhei, wie die Humanisten sagen. Der Mann, der zu oft mußte …

»Dürfen Muslimas überhaupt Alkohol trinken?« fragte ein Tresennachbar grinsend. Wir konterten mit einem Flugblatt, auf dem nebst Stammi-Reklame folgendes stand:

Sure 16, Vers 67: »Und wir geben euch von den Früchten der Palmen und der Weinstöcke, woraus ihr euch ein Rauschgetränk macht und einen schönen Lebensunterhalt. Darin liegt ein Zeichen für Leute, die Verstand haben.«

Das Gespräch wandte sich dann der Frage zu, ob neuere Koranstellen Vorrang gegenüber älteren genossen, und ging dann allmählich zu dreckigen Witzen über.

Draußen auf dem Sternplatz hieß es dann um 22 Uhr »Maska 'ra!« (herab, herunter), aber wir beachteten das gar nicht. Zu ungemütlich war's draußen, zu gemütlich drinnen …

… wohin ich nach 23.15 sowieso mußte – zum letzten Zug zurück. Leicht schwankend lief ich durch den Nieselregen – fehlte nur noch eine Melodie à la Singing in the rain. Sollte ich in unserem VHS-Stepkurs mal beantragen – ist ja ein relativ gemütlicher Rhythmus, ist bekannt und macht was her :-)

Ist hier nach links und 500 Meter weiter nicht der Grieche, der eine Dependance in Riad eröffnen will? Aber selbst dort wohnen will er nicht, hihi, da müßte er ja auf »griiiiieeeechischen Weeeeeiiiin« verzichten. Der volle Sinn des Wortes »angeheitert« wurde mir deutlich, während ich da weiterschwankte. Und nach rechts und zwei Kilometer weiter der Grieche mit seiner Shisha-Bar, der allen Kopftuchmädels pauschal Hausverbot erteilt hat und sich nun mit einem Diskriminierungsprozeß rumschlagen muß? Allzu oft hatten ihm Gutbetuchte strahlend versichert »Ist überhaupt kein Problem, meine Familie ist tolerant« – und dann waren doch irgendwelche grimmigen Onkels oder Brüder aufgetaucht und hatten gedroht: »Ich schlag dich zu Brei!«, »Ich fackel deinen Laden ab!« …

Im Zug. PLAYBOY-Artikel zu Ende gelesen. Schwankend durchs Neubauviertel im Dorf gewankt, wo die pseudotoskanischen Villen aus dem Boden schießen wie in echten Dörfern die Misthaufen. Als wären wir hier in einem hippen Großstadtviertel. Ist nicht neulich mal eine Berliner Kunsthistorikerin im Tiergarten von einem Tschetschenen ermordet worden? Auf dem Rückweg von einem Stammtisch noch dazu! Das muß besonders hart bestraft werden! Aber wandelnde Kuttenbrunzer stehen unter göttlichem Schutz, dachte ich erleichtert, als ich endlich zu Hause war und mich erleichtern konnte.


Frauen in Kutten stehen unter göttlichem Schutz :-)

Nachtrag: Heute schossen die Besucherzahlen im Blog nach oben - fast alle aus Belgien. Das gab's auch noch nie!;-)























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